Die Schauspielerin, Musikerin und Roma-Aktivistin Simonida Selimović.

Foto: Bibi Sara Kali, Werk X

Wien – "Was wehtut, sind die Worte, die ich in ihren Ohren nicht hinterlasse" – aber mit diesem Satz macht Ljubinka Nikolić mächtig Eindruck. Für das Theater-Film-Projekt Bibi Sara Kali von Romano Svato in Kooperation mit dem Werk X Petersplatz spielt Nikolić eine Mutter von drei Töchtern, eine Romni: eine, die Serbien für Österreich verlassen hat. Das von der Schauspielerin, Musikerin und Roma-Aktivistin Simonida Selimović konzipierte und gemeinsam mit dem Autor Ibrahim Amir entstandene Familienepos setzt am Busbahnhof in Wien ein, wo sich die Mutter von ihren Töchtern verabschiedet, denn sie wird in Boljevac sterben.

Familiengeschichte

Regisseurin Nina Kusturica und Kamerafrau Marie Zahir fangen für diese Anfangsszene die Zwischenwelt "Wien-Erdberg" – die menschenfeindliche Architektur, die letzten Gesten vor der langen Reise – behutsam ein. Aber bei diesem Realismus bleibt es für Bibi Sara Kali nicht. Plötzlich stehen die drei Töchter im Theaterraum, sichtbar-unsichtbar hinter Vorhängen, und verhandeln in Anbetracht des bevorstehenden Begräbnisses die gemeinsame Familiengeschichte – und all ihre menschlichen, geschichtlichen, politischen und migrantischen Implikationen. Selimović spielt die älteste Tochter, die sich als der Mutter am nächsten verstehen möchte und die sich zurückgesetzt fühlt, wenn der mittleren, gespielt von Sandra Selimović, die Aufgabe zugesprochen wird, die Tradition des Festtags der Bibi Sara Kali zu erhalten.

Die jüngste Tochter hingegen, gespielt von Ivana Nikolić, kämpft damit, am wenigsten Einblick zu haben, und versucht dem früheren Leben der Mutter in Boljevac hinterherzuspüren. (Theresa Luise Gindlstrasser, 16.6.2021)