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Marcel Sabitzer hat sich zum Regisseur gemausert.

Foto: AP/Barbu

Martin Hinteregger (28) und Marcel Sabitzer (27) würden gerne etwas mehr von der Fußball-EM mitbekommen. Aber die beiden sind im Base Camp in Seefeld ziemlich isoliert. Okay, sie haben am Sonntag gemeinsam mit dem Rest der österreichischen Nationalmannschaft in Bukarest gegen Nordmazedonien 3:1 gewonnen. Es war ein historischer Ausflug, der erste EM-Sieg. "Keine Ahnung, ob eine Euphorie herrscht, wir sind ja in der Blase", sagte Frankfurt-Legionär Hinteregger am Dienstag via Zoom. Sabitzer ergänzte: "Es ist wegen Corona nicht greifbar."

Fix ist, dass am Mittwoch nach Amsterdam geflogen wird und am Donnerstag gegen die Niederlande, den Gruppenfavoriten, gespielt wird. Verteidiger Hinteregger schließt nicht aus, "dass wir sie überraschen können". Ein Vergleich mit Nordmazedonien sei natürlich völlig absurd. "Wir werden weniger Ballbesitz haben, sie werden angreifen, Druck machen, sie haben Weltstars in ihren Reihen." Die Bedrohung im ersten Match sei ja durchaus auszuhalten gewesen. "In Bedrängnis sind wir nie geraten, wir konnten hoch verteidigen."

Überraschung

Hinteregger war von Franco Fodas Aufstellung selbst überrascht, David Alaba mimte in der Dreierkette den zentralen Abwehrchef, er selbst arbeitete neben ihm. "Es hat funktioniert." Ob es so bleibt, wird sich weisen, Hinteregger ist davon nicht überzeugt. "Es hängt ja immer vom Gegner ab. Und David kann von der linken Seite Druck machen, er ist in der Offensive viel besser als ich." Alaba, Sabitzer und Marko Arnautovic seien die Schlüsselspieler, die Kreativen. "In der Offensive sind wir von ihnen abhängig."

Sabitzer ist "gut reingekommen" in die "merkwürdige Veranstaltung. Ich wollte präsent sein, und ich war präsent." Der 27-jährige Leipzig-Legionär, den es in die englisch Premier League ziehen dürfte, hat einen Wandel durchgemacht. Eigentlich Stürmer, ist er im Laufe der Jahre immer weiter nach hinten gerückt. Bei Leipzig war er zuletzt sogar der "Sechser", im Team erstmals der "Achter". Schuld daran war Klubtrainer Julian Nagelsmann, der Sabitzers spielerisches Potenzial förderte. Und so wurde er zum Regisseur, der die Bälle magnetisch anzieht und verteilt. "Die Schritte zurück waren Schritte nach vor." Natürlich bedurfte das einer mentalen Umstellung. "Das Gefühl, über ein eigenes Tor zu jubeln, wird seltener. Aber mannschaftsdienlich zu sein ist weit mehr als ein Ersatz."

Die Wäsche

No na ist der Fall Arnautovic im Base Camp ein Thema. "Wir haben darüber gesprochen, in einer intaktem Mannschaft redet man. Und wir sind intakt." Eine Sperre, so Hinteregger, "wäre ein herber Verlust". Andererseits sei man total konzentriert, das Hauptgeräusch mache immer noch der Fußball auf dem Platz. Die speziell in sozialen Medien geführte Diskussion um die türkis-schwarzen Dressen gehen Hinteregger am Allerwertesten vorbei. "Dressen halt. Geschmackssache." Der Fußballbund (ÖFB) legt darauf Wert, dass die Farbgebung nichts mit der parteipolitischen Situation zu tun habe. Sondern mit einer Anlehnung an den Wiener Jugendstil. Zudem sei sie deutlich vor Umfärbung der Schwarzen in Türkise beschlossen worden.

Die orangen Niederländer wurden analysiert. Haupterkenntnis: Stark, sie öffnen in der Vorwärtsbewegung aber auch Räume, die es zu nützen gilt. Schnelles Umschalten wäre die Lösung.

Die drei Punkte gegen Nordmazedonien nimmt niemand mehr weg, diese Ausbeute könnte durchaus zum Achtelfinaleinzug reichen. Der ganz große Druck ist also abgeschafft, man kann in der Johan-Cruyff-Arena relativ unbelastet zur Tat schreiten. Ganz egal, in welcher Wäsche. (Christian Hackl, 15.6.2021)