Gewerkschaftsdemo gegen die Regierungspläne zum Corona-Bonus: Die türkis-grüne Koalition scheint dem Protest Gehör zu schenken.

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eEs artet allmählich zum Belagerungszustand aus. Wann immer sich die Abgeordneten dieser Tage ins Quartier des Parlaments in der Hofburg begeben, müssen sie mit einem Empfangskomitee in grellfarbigen Signalwesten rechnen. Doch nicht jeder Volksvertreter drückt sich an den von der Gewerkschaft mobilisierten Demonstranten vorbei, einige von der SPÖ stellen sich mit Parteichefin Pamela Rendi-Wagner an der Spitze bereitwillig hinter die Transparente. Schließlich ist die Botschaft auch die ihre: "Corona-Bonus für alle".

Der Protest zeigt offenbar Wirkung: Der umstrittene Corona-Bonus soll auf den letzten Drücker vor dem geplanten Beschluss am Donnerstag im Nationalrat doch noch ausgeweitet werden. Es sei davon auszugehen, dass der Kreis der potenziellen Bezieher im Vergleich zu den bisherigen Plänen vergrößert wird, hieß es am Mittwochvormittag aus dem ÖVP-Klub auf Anfrage des STANDARD. Am frühen Nachmittag bestätigte dann das Gesundheitsministerium: Ja, der Bonus werde ausgeweitet.

Profitieren sollen nun nicht nur Ärzte und Pflegende sondern etwa auch Reinigungskräfte in Krankenhäusern und Spitalstechniker. Allerdings ist der Antrag noch nicht fertig, an Details wird nach Angaben aus der Koalition noch gefeilt. Beschlossen wird die Vorlage am Donnerstag vom Nationalrat.

Konkret geht es um eine finanzielle "Wertschätzung" gegenüber Mitarbeitern des Gesundheitssystems, die unter den schwierigen Umstände der Corona-Krise besonders hart arbeiten mussten. Pro Kopf ist ein steuerfreier Bonus von 500 Euro veranschlagt – wobei Länder und Einrichtungen je nach Belastung differenzieren können.

Viele fühlen sich ausgesperrt

Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der türkis-grünen Koalition zielte auf jene Bediensteten ab, die direkt mit Patienten arbeiten: Spitalsärzte, Spitalsbedienstete sowie Pflegepersonal im Heim und im mobilen Dienst. Viel zu eng gefasst, kritisieren SPÖ und die Gewerkschaften. Schließlich gebe es noch viele Menschen mehr, die den Gesundheitsbetrieb in der Pandemie am Laufen gehalten hätten. Doch weder Rettungssanitäter noch Behindertenbetreuer haben nach derzeitigem Stand Anspruch auf den Bonus.

103 Berufsgruppen arbeiteten in den Wiener Spitälern, rechnet ein Personalvertreter aus dem Krankenhaus Hietzing vor, der am Mittwochmorgen bei dem von Rettungswagen flankierten Demozug durch die Innenstadt mitmarschiert ist. Lasse eine davon – von den Technikern bis zu den Krankentransporteuren – aus, stehe das ganze System still: "Dennoch soll es den Bonus praktisch nur für zwei Gruppen, Ärzte und Pflegepersonal, geben."

Die Kollegen hätten sich genau dem gleichen Risiko ausgesetzt wie in einer öffentlichen Einrichtung, betont eine Betriebsrätin aus einem anderen, privat geführten Spital. Dass derartige Einrichtungen per se vom Bonus ausgeschlossen sind, hält sie für eine Gemeinheit.

Nicht milder urteilt ein Betriebsrat aus dem Anton-Proksch-Institut, einer Suchtklinik in Wien. Für die Sozialarbeiter, die auf der Drogenentzugsstation arbeiten, habe Corona gleich viel Stress und Gefahr bedeutet wie für jeden Pfleger, sagt er. Weil die Institution einen privaten Träger habe, sei der Kollektivvertrag ohnehin schon schlechter als bei der Gemeinde: "Und dann kriegen s' nicht einmal den Schas."

Heikle Frage der Abgrenzung

Wo genau da die Regierung nun die Grenze ziehen will, steht vorerst nicht fest. Die Verhandlungen liefen noch, heißt es bis dato sowohl aus dem ÖVP-Klub als auch aus dem grün geführten Gesundheitsministerium.

Die Sache ist finanziell heikel, zumal mit jedem Nachgeben neue Forderungen aufkommen könnten. Wenn nun etwa die Sanitäter den Bonus bekommen – werden die Polizisten dann ebenfalls anklopfen? Und haben nicht auch die Kindergärtnerinnen viel in der Pandemie geleistet?

Bremst die Regierung aber, ereilt sie – und da besonders die ÖVP – der Vorwurf der Hartherzigkeit. "So geht man mit den Heldinnen und Helden der Krise nicht um", ruft Barbara Teiber, Chefin der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), als der Demotross am Ring angekommen ist. Der etwas unanständige Ausdruck stamme nicht von ihr, "aber in den Chats hat es geheißen, Sebastian Kurz kann Geld scheißen. Wo ist jetzt das gesch... Geld?" (Gerald John, 16.6.2021)