Ein beachtlicher Teil der Mid-Range- und High-End-Karten ist offenbar bei Minern und Wucherern gelandet.

Foto: Nvidia

Wer seinen Rechner gerne mit einer neuen Grafikkarte aufrüsten will, sieht sich aktuell in einer eher schwierigen Lage. Denn entweder muss man diese Pläne um zumindest einige Monate verschieben oder Mondpreise zahlen. Zwei Gründe sorgen derzeit dafür, dass die empfohlenen Abgabepreise der Hersteller und die realen Marktpreise nichts miteinander zu tun haben.

Erstens wäre da die Chipkrise. Nachdem in viele Branchen im ersten Corona-Jahr die Vorsicht regierte und viele Aufträge zurückgezogen oder verschoben wurden, stauen sie sich nun. Prozessorhersteller, Konsolenhersteller, Autobauer und andere konkurrieren um die Ressourcen der Fertiger, die ihrerseits ebenfalls Vorsicht walten ließen und erst vor ein paar Monaten mit der Ausweitung ihrer Kapazitäten begonnen haben. Die Ausweitung bestehender und die Errichtung neuer Fertigungsanlagen ist allerdings ein Prozess, der seine Zeit dauert, weswegen manche Beobachter frühestens im Herbst mit ersten Entspannungszeichen rechnen und andere befürchten, dass die Knappheit bis weit ins Jahr 2022 bestehen bleiben könnte.

Erhöhter Preisdruck durch Scalper und Miner

Speziell am Grafikkartenmarkt kommt dann auch noch hinzu, dass zwei Gruppen den Spielern ihre Hardware streitig machen. Einerseits wären dies Kryptominer, getrieben vom neu angefachten Hype rund um Bitcoin, Ethereum und Co. Und andererseits sogenannte Scalper, die versuchen, möglichst viele der ohnehin geringen Kartenkontingente zum Start zu kaufen, um sie zu einem wesentlich höheren Preis wieder zu veräußern.

Die Marktforscher von Jon Peddie Research haben zu diesen Phänomenen nun Daten erarbeitet. Sie gehen gemäß ihres Berechnungsmodells davon aus, dass im ersten Quartal 2021 (Jänner bis März) jede vierte Grafikeinheit an Kryptominer und "Spekulanten" ging. Das wären rund 700.000 Stück an Karten aus dem Mid-Range- und High-End-Segment mit einem Gesamtmarktwert von etwa einer halben Milliarde Dollar.

Man solle aber davon absehen, deswegen gleich Aktien von Nvidia und AMD zu kaufen. Denn diese profitieren kaum von den massiv gestiegenen Preisen. Der Großteil des Profits landet in der Handelskette, am besten steigen überhaupt die Scalper aus, die sich in der Regel diverse Vertriebsebenen sparen.

Hoffen auf bessere Zeiten

Während AMD seinerseits keine Schritte setzt, wirbt Nvidia mit einer Leistungsdrosselung für Ethereum-Mining. Diese wurde ursprünglich nur treiberseitig implementiert und ließ sich relativ einfach umgehen. Bei neueren Karten dürfte sie auf Ebene der Firmware eingebaut sein. Wie effektiv diese Maßnahme ist, um Miner abzuschrecken, bleibt noch abzuwarten.

Insidern zufolge dürfte sich Ende des Jahres oder Anfang 2022 Intel auf den Markt für dedizierte Gaming-Grafikkarten vorwagen. Auch das könnte potenziell zu einer Beruhigung der Preise beitragen – einerseits durch gesteigerte Konkurrenz und andererseits durch verbesserte Verfügbarkeit, sofern Intel es geschafft hat, ausreichend Fertigungsressourcen in Stellung zu bringen. (gpi, 16.6.2021)