Die Meidlinger Kaserne in Wien soll nach der BVT-Reform Zentrale des Staatsschutzes werden.

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Der Ministerrat beschloss am Mittwoch die große Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Die in der Begutachtung vielkritisierte Neuregelung für Razzien bei Behörden wurde geändert, aber nicht gestrichen.

Wie berichtet war der Plan, dass die Beschlagnahme von Beweismitteln bei Behörden hauptsächlich nur mehr per Amtshilfe durchgeführt werden sollte – also von Vorgesetzten betroffener Mitarbeiter. In der Begutachtung gab es heftigen Einspruch, weil der Eindruck entstand, dass betroffene Behörden belastende Unterlagen verschwinden lassen könnten.

Versiegelte Akten in Tresor

Nun bleiben Hausdurchsuchungen durch die Strafverfolgungsbehörden erlaubt, inkriminierte Behördenakten müssen aber versiegelt und in einem Tresor aufbewahrt werden, bevor die Justiz entscheidet, was davon tatsächlich zum Ermittlungsakt kommt.

Kritiker bezweifeln, ob mit dieser Neuregelung das ursprüngliche Problem gelöst ist. Die Initiative aufstehn.at, die tausende Stimmen gegen den Razzia-Paragrafen mobilisiert hatte, lässt die Regelung juristisch prüfen.

Herzstück ist Zweiteilung

Das BVT ist jedenfalls Geschichte. Ab 1. Dezember 2021 wird der Staatsschutz unter "Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst", kurz DSN, firmieren. Die Mitarbeiter sollen von der Rennweg-Kaserne in Wien-Landstraße in die Meidlinger Kaserne im 12. Bezirk übersiedeln. Herzstück ist die Zweiteilung in eine nachrichtendienstliche und eine kriminalpolizeiliche Abteilung. Die beiden Arme sollen nie miteinander in Berührung kommen. Falls der Nachrichtendienst Erkenntnisse erlangt, die ein sicherheitspolizeiliches Eingreifen notwendig machen, läuft die Info über das zwischengeschaltete Gemeinsame Informations- und Lagezentrum (GILZ).

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) will künftig wesentlich mehr – nämlich jährlich rund 50 Millionen Euro – investieren. Damit können das Personal verdoppelt und für Analyse und Auswertung moderne IT-Tools angeschafft werden.

Wie James Bond (hier Sean Connery im Jahr 1982) erhalten auch heimische Agenten des Staatsschutzes bei Bedarf eine Dienstwaffe.
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Erweiterte Befugnisse

Die Befugnisse der Mitarbeiter des Nachrichtendienstes erinnern ein wenig an James Bond: Obwohl sie keine Polizisten sein müssen und auch keine Polizeiausbildung brauchen, können sie mit Dienstwaffen ausgerüstet werden, wie es in der Regierungsvorlage heißt – allerdings ausschließlich für Zwecke der Notwehr oder Nothilfe. Die Entscheidung, welcher Agent eine Schusswaffe erhält, ist Chefsache.

Falsche Identität

Der Nachrichtendienst erhält außerdem ausgeweitete Möglichkeiten für die sogenannte Legendierung von Mitarbeitern. Bürgermeister oder zuständige Bundesbehörden müssen, wenn es der Innenminister anordnet und der Rechtsschutzbeauftragte absegnet, Agenten zu deren Schutz eine falsche Identität ausstellen. Bei der Polizei ist das nur dann möglich, wenn es um verdeckte Ermittlungen aufgrund eines konkreten Tatverdachts geht.

Die Novelle zum "Polizeilichen Staatsschutzgesetz" – das in "Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz" (SNG) umgetauft wird – muss nun noch vom Nationalrat beschlossen werden. (Michael Simoner, 16.6.2021)