Foto: APA / Helmuth Fohringer

Kaum ist die Verlängerung des einen Gesetzes auf dem Weg, wird schon das nächste angekündigt. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wagte am Donnerstag den Doppelpass: Die Covid-19-Schulverordnung – Basis für sämtliche Maßnahmen von Distance-Learning bis Maskenpflicht – soll mit den Stimmen von ÖVP und Grünen im Nationalrat für das gesamte kommende Schuljahr verlängert werden. Gleichzeitig kündigte Faßmann an, die auch heuer wieder stattfindende Sommerschule ab Herbst per Gesetz zu einer auch nach der Pandemie bestehenden Dauereinrichtung machen zu wollen: "Sie ist gekommen, und sie wird bleiben." Am Wie scheiden sich noch die Geister – doch mehr dazu später.

Gutpunkte sammeln

Die Zielgruppe der kostenlosen Fördermaßnahme wird bereits in diesem Jahr deutlich erweitert: Der Minister wendet sich nicht mehr explizit an jene Kinder, die Schwierigkeiten mit der Unterrichtssprache Deutsch haben. Auch jene, "die vielleicht eine Wiederholungsprüfung haben", sollen sich angesprochen fühlen. Und weil das Ganze am Ende des Tages in die Mitarbeitsnote einfließen soll, geht der Minister davon aus, dass sich bis zum Anmeldeschluss am kommenden Montag all jene für einen Platz in der Sommerschule interessieren, "die im nächsten Schuljahr durchstarten wollen".

Neben Unterstützung in Deutsch steht die Förderung im Bereich Mathematik und Sachunterricht im Vordergrund. Diese soll einerseits im klassischen Unterrichtssetting stattfinden, gleichzeitig will man im Bildungsministerium "projektorientieres Arbeiten" umgesetzt sehen.

Nachhilfe, inhouse

Rund 35.000 Schülerinnen und Schüler haben sich bereits für die Sommerschule angemeldet – darunter auch zahlreiche junge Menschen, die bereits die Oberstufe besuchen. Denn, auch das ist neu: Neben den Pflichtschulen wird es heuer auch an rund 100 Bundesschulen Vorbereitungsstunden geben, in allen Fächern. Damit ein solcher ein- bis zweiwöchiger Kurs an der Schule zustande kommt, braucht es mindestens acht Schülerinnen beziehungsweise Schüler. Unterrichtet wird von den Lehrkräften am Standort, die ihre Mehrarbeit als Überstunden abgegolten bekommen. Was das Projekt kostet, war bisher noch nicht zu eruieren. Zum Vergleich: Im Vorjahr sind laut Bildungsministerium für das Projekt Mehrdienstleistungen im Wert von rund zwei Millionen angefallen.

Allein in der Schule

Für das vergleichsweise große Interesse (im Vorjahr besuchten rund 22.500 Schülerinnen und Schüler die Sommerschule) will auch genug Personal gefunden werden. Etwa 2.000 Studierende hätten sich bereits gemeldet, dazu rund 1.200 Lehrkräfte, sagt Faßmann. Weil sich das selbst mit den rund 680 Buddys – also Oberstufenschülerinnen und Oberstufenschülern, die unterstützend anwesend sein sollen – nicht ausgeht, wird wohl die eine oder andere angehende Lehrkraft, die sich noch mitten in der Ausbildung befindet, alleine in der improvisierten Klasse stehen.

"Überfordert"

Hier setzt die Kritik von Hannes Schweiger, Assistenzprofessor für Deutsch als Zweitsprache am Institut für Germanistik der Universität Wien, an: Nicht nur stünden die Lehramtsstudierenden vielerorts alleine in der Sommerschule, "viele bringen auch nicht die notwendigen Qualifikationen für die Arbeit mit dieser äußerst heterogenen Zielgruppe mit", weiß Schweiger aus gesammelten Rückmeldungen. In einer acht- bis 15-köpfigen Gruppe können Kinder verschiedener Altersstufen mit unterschiedlich guten Deutschkenntnissen sitzen. Dann gibt es noch jene, die vielleicht nur im Fach Mathematik Aufholbedarf haben.

Hinzu komme: Die Sommer-Lehrkräfte seien noch mitten in der eigenen Ausbildung – und diese habe in den vergangenen drei Semestern pandemiebedingt fast durchwegs online stattgefunden, sagt Germanist Schweiger. Trotzdem: besser eine Förderung statt keine Förderung – zumindest dort, wo besonders engagierte Menschen gute Lösungen zur Umsetzung der Sommerschule trotz schlechter Rahmenbedingungen finden.

"Blankoscheck"

Kritik gibt es übrigens auch an der Verlängerung der Covid-19-Schulverordnung des Bildungsministers: Nichts anderes als ein "Blankoscheck" für weitere Schulschließungen im Herbst sei das, heißt es aus der SPÖ. Auch die Neos wollen lieber Maßnahmen sehen, die den Schulbetrieb auch dann aufrechterhalten sollen, wenn die Fallzahlen wieder steigen. Faßmann sieht das naturgemäß anders: Der Beschluss vom Donnerstag diene nur als Vorbereitung für einen möglichen Worst Case. Erst im August sei "der richtige Zeitpunkt", um mehr Klarheit zu gewinnen, "wie wahrscheinlich ist ein bestimmtes Szenario?". (Karin Riss, 17.6.2021)

*Anmerkung: Der Text wurde zwischenzeitlich durch eine Information des Bildungsministeriums ergänzt. Später wurde diese Information wieder korrigiert. Update 14.45 Uhr: Die Kosten für die Sommerschule 2020 werden mit rund zwei Millionen Euro beziffert.