Das in die Jahre gekommene und fast leerstehende MEZ in Mattersburg ...

Bild: OSG

... wird nun um- und ausgebaut. Auch so könnte die Zukunft für manche Einkaufszentren ausschauen.

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In die Einkaufszentren ist das Leben zurückgekehrt. Wenn auch mit Einschränkungen: Zehn Quadratmeter müssen pro Kunde zur Verfügung stehen. Das funktioniere gut, heißt es aus der Branche. Einen Kritikpunkt gibt es aber: Sitzmöglichkeiten, die keinen Lokalen zugerechnet werden, dürfen nicht besetzt werden. Sie wurden vielerorts temporär entfernt oder mit einem Absperrband versehen, um müde Besucherinnen und Besucher nicht in Versuchung zu führen.

"Es gibt 70-Jährige, die gern einen Vormittag in der Mall verbringen würden, aber sich nirgends hinsetzen können", sagt Roman Schwarzenecker, der mit seinem Beratungsunternehmen Standort+Markt den Retail-Markt stets im Auge hat und Generalsekretär des Austrian Council of Shopping Places ist. In der Branche hofft man nun, dass die Regelung so bald wie möglich fällt. Die Maskenpflicht werde in Einkaufszentren jedenfalls akzeptiert, die Aufenthaltsdauer sinke dadurch aber.

Kein Mall-Sterben

So trostlos, wie von manchen befürchtet, ist die Situation nach Corona also nicht. Ein wenig höher sei der Leerstand derzeit in vielen Einkaufszentren zwar schon, meint Schwarzenecker. "Aber mir ist kein Einkaufszentrum bekannt, das gleich gar nicht mehr aufgesperrt hat."

Das "große Sterben" habe bisher noch nicht eingesetzt – und nach Einschätzung des Experten wird es auch nicht kommen. Derzeit werde vielerorts aber noch um Klarheit bei den Mietenzahlungen während des Lockdowns gerungen, manche Mieter hätten gar keine Miete bezahlt, andere das Geld nur unter Vorbehalt überwiesen. Und auch ein Nachverhandeln der Miete haben viele Filialisten nun vor.

Ein Mall-Sterben, wie es in den USA seit längerem grassiert, befürchtet Schwarzenecker aber nicht. In den USA verfallen in vielen Landstrichen sogenannte "Dead Malls" oder "Ghost Malls", also verlassene Einkaufszentren, bis irgendwann der Abrissbagger auffährt. In Österreich sei die Situation eine andere, denn hierzulande werde als großer Ankermieter in der Regel ein Lebensmittelbetrieb fungieren. Diese haben sich auch in der Corona-Pandemie als sehr krisenresistent erwiesen.

In den USA wiederum hat man bei den großen Ankermietern lieber auf Department Stores wie Macy‘s oder Dillard‘s gesetzt, die mit den Jahren und dem Aufkommen des Online-Handels an Zugkraft eingebüßt haben – bis die Besucherinnen und Besucher irgendwann ausgeblieben sind.

Boost für Online-Handel

Klar ist: Auch in Österreich werden sich Einkaufszentren in den nächsten Jahren wandeln. Nicht zuletzt durch Corona hat der Online-Handel einen entscheidenden Boost bekommen. Der stationäre Handel werde deswegen aber nicht obsolet, ist Schwarzenecker überzeugt. Die Flächen werden tendenziell aber schrumpfen.

Und neue Flächen werden auch nur noch in sehr geringem Ausmaß auf den Markt kommen: Waren es zwischen 1995 und 2005 noch 115.000 Quadratmeter pro Jahr, die landauf, landab in Form von Einkaufs- und Fachmarktzentren an der Peripherie entstanden, sind es heute pro Jahr nur noch 25.000 bis 30.000 Quadratmeter. Das größte in Bau befindliche Projekt ist das "Kadewe" der Signa an der Mariahilfer Straße.

Schon vor Corona ging es in Einkaufszentren darum, die Aufenthaltsdauer zu steigern. Die Menschen sollten nicht mehr nur zum Shoppen kommen, sondern auch, um Essen oder beispielsweise ins Kino oder in einen Trampolinpark zu gehen. Das wird künftig noch wichtiger, glaubt Schwarzenecker.

Wohnen statt shoppen

Und auch andere Nutzungsmöglichkeiten könnten sich in Konsumtempeln etablieren: Gesundheitszentren, Schönheitskliniken, Bibliotheken, Büros – "und vielleicht Impfzentren", meint der Experte.

Und auch Wohnungen könnten, je nach Lage, eine Option sein. Erste Ansätze, auf Einkaufsflächen Wohnungen zu packen, gibt es. Die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) zeigt in Mattersburg gerade, wie das geht: Dort wird dem MEZ, einem aus der Zeit gefallenen Einkaufszentrum aus den 1990er-Jahren mitten am Hauptplatz, neues Leben eingehaucht. "Das MEZ ist in einen Tiefschlaf gefallen und war irgendwann scheintot", sagt Alfred Kollar, Geschäftsführer der OSG.

Im Erdgeschoß entstehen nun Gewerbeflächen, darüber Büros, in einem nachgelagerten Bereich 40 Wohnungen. Das Projekt befindet sich noch in Bau, "aber wir merken jetzt schon, wie groß das Interesse ist", sagt Kollar. (Franziska Zoidl, 19.6.2021)