Es sind politisch turbulente Zeiten. Gegen Kanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) wird ermittelt, die Regierung strauchelt, Neuwahlgerüchte ziehen durchs Land. Und dann gibt es derzeit auch noch eine ungewöhnliche Häufung an Parteitagen: Vergangenes Wochenende hielten die Grünen ihren ersten Bundeskongress seit Türkis-Grün ab. Kommendes Wochenende lassen sich der designierte FPÖ-Obmann Herbert Kickl und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger von ihren Parteien bestätigen – und die Wiener Grünen stellen die Landespartei neu auf. Die Woche darauf hält dann die SPÖ ihren 45. Bundesparteitag ab.

Man fragt sich: Wieso denn alle jetzt?

Die Erklärung ist eine Mischung aus Zufall und Corona-Kalkül. Den Freiheitlichen ist ihr Parteichef gerade überraschend abhanden gekommen, die Partei will die Nachfolge nun schnell geklärt wissen – vor allem: vor der Oberösterreich-Wahl im September. Die Grünen hatten ihren Bundeskongress pandemiebedingt nach hinten geschoben. Die SPÖ zieht ihren hingegen vor, da nun die Corona-sicherste Zeit sei. Fakt ist: In den kommenden neun Tagen werden sich alle Vorsitzenden der Oppositionsparteien einer internen Wahl stellen.

Herbert Kickl soll am Samstag offiziell zum Chef der Freiheitlichen gewählt werden.
Foto: Andy Urban

Grüne Wiener Doppelspitze geplant

Die FPÖ leitet ihre neue Ära am Samstag in Wiener Neustadt ein. Der bisherige Klubchef Herbert Kickl soll dort offiziell zum Parteichef gekürt werden, mit internem Gegenwind wird nicht mehr gerechnet. Quasi zeitgleich stellt sich Beate Meinl-Reisinger in Linz der Wahl – ebenfalls ohne Gegenkandidaten. Spannender dürfte es in der Hauptstadt werden, wo die Wiener Grünen – auch am Samstag – ihre Statuten ändern, um eine Doppelspitze zu ermöglichen. Wobei diese Doppelspitze dann noch nicht gleich gewählt wird.

Grüne vorne: Peter Kraus und Judith Pühringer. Grüne dahinter: Jennifer Kickert und David Ellensohn.
Foto: APA/Grüne

Seit dem Abgang von Wiens Grünen-Chefin Birgit Hebein führt interimistisch Peter Kristöfel die grüne Landesgruppe. Nun wird man sich darauf festlegen, dass auch zwei Personen ganz oben stehen können. Vermutlich, weil sich im Herbst die nicht amtsführenden Stadträte Judith Pühringer und Peter Kraus als grüne Doppelspitze für Wien bewerben wollen. Offiziell bestätigen möchte das in der Partei noch niemand.

Rendi-Wagner legt die Latte tief

Die vorerst spannendste Wahl steht somit kommende Woche an – nämlich die von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Die SPÖ wird ihren 45. Bundesparteitag in der Messe Wien abhalten. Interessant wird vor allem, zu wie viel Prozent die 642 Delegierten Rendi-Wagner bestätigen werden. Bei ihrer ersten Kür vor drei Jahren in Wels wurde sie von knapp 98 Prozent der anwesenden Sozialdemokraten gewählt.

Pamela Rendi-Wagner wurde bei ihrer ersten internen Wahl vor drei Jahren von knapp 98 Prozent der roten Delegierten gewählt.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Nun legt sie selbst die Latte tief: Rendi-Wagner orientiere sich an der Zustimmung bei der SPÖ-Mitgliederbefragung im Vorjahr – damals waren 71,4 Prozent dafür, dass sie an der Parteispitze bleibt. Wobei ein solches Ergebnis bei einem Bundesparteitag eine historische Pleite darstellen würde. Werner Faymann war im Jahr 2012 mit nur 83,43 Prozent bestätigt worden – das bisher schlechteste Ergebnis eines SPÖ-Vorsitzenden.

Auch ÖVP-Parteitag steht an

Die SPÖ-Spitze blickt jedenfalls zuversichtlich in die kommenden Wochen, was vor allem an den steigenden Umfragewerten liegt. Zuletzt lagen die Sozialdemokraten mit 27 Prozent nur noch knapp fünf Prozentpunkte hinter der ÖVP – was zwar weiterhin ein beachtlicher Abstand ist, jedoch weit weg von den katastrophalen Umfragewerten der SPÖ vor rund einem Jahr nach Ausbruch der Pandemie.

Die ÖVP sollte planmäßig übrigens auch noch heuer einen Parteitag abhalten. Der letzte fand im Jahr 2017 statt, damals wurde Kurz zum Parteichef gewählt. Einen Termin für den kommenden Parteitag gibt es auf Nachfrage in der ÖVP-Bundesparteizentrale noch nicht. (Katharina Mittelstaedt, 18.6.2021)