Lohn- und Sozialdumping kommt am häufigsten am Bau oder im Gastgewerbe vor. Die AK sieht eine Ausnahmeregelung für Montage von Anlagen durch ausländische Firmen als nicht europarechtskonform an.

Foto: imago images/Eibner

Wien – Kritik an den Regierungsplänen zu Lohn- und Sozialdumping kommt von SPÖ und Arbeiterkammer (AK). Beide kritisieren die Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Strafen für Unternehmen. "Durch die Abschaffung des Kumulationsprinzips werden die Unternehmen bevorzugt, die im großen Stil Sozialbetrug begehen", so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried und SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Die AK fordert Beugestrafen für Unternehmen, die die Kontrolle ihrer Unterlagen verweigern.

Zum Ministerratsbeschluss zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) am Mittwoch meint Muchitsch, dass zwar eine Änderung aufgrund eines EuGH-Urteils notwendig war. "Das hätte man aber auch anders machen können und nicht notwendigerweise so, dass niedrigere Strafen herauskommen. Damit ist man dem Druck der Wirtschaft nachgekommen." Die Regierung habe aber die Falschen begünstigt: "Der organisierte Sozialbetrug wird billiger." Für Leichtfried reiht sich die Novelle in eine Regierungspolitik, "die auf dem Sozialdumping-Auge bewusst blind ist". Dass etwa Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) auf EU-Ebene gegen die Mindestlohnpläne auftritt, "untergräbt den europäischen Kampf gegen Lohndumping und schadet gerade Ländern wie Österreich".

SPÖ: "Sozialbetrüger profitieren"

Durch die Abschaffung des Kumulationsprinzips profitieren laut den SPÖ-Politikern "die Sozialbetrüger im großen Stil. Je mehr Arbeitnehmer*innen vom Lohn- und Sozialdumping betroffen sind, desto vergleichsweise günstiger wird es für das Unternehmen". Gleichzeitig werden Mindeststrafen abgeschafft. Derzeit gibt es bei Lohndumping Strafen ab 1.000 Euro pro Arbeitnehmer, bei vier Arbeitnehmern waren es ab 2.000 Euro pro Beschäftigten. Künftig sollen die Strafen bei null Euro beginnen.

Die AK fordert die Regierung auf, Lehren aus dem Fall des Maskenherstellers Hygiene Austria zu ziehen: Wirksame Bekämpfung von Schwarzbeschäftigung und Lohndumping wäre wichtig, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ausbeutung sowie die korrekt entlohnenden österreichischen Firmen vor einem schmutzigen Preiskampf zu schützen, den sie nicht gewinnen können. Der neue Gesetzesvorschlag sei zwar besser als der ursprüngliche vom Arbeitsministerium in Begutachtung versandte Entwurf, bleibe aber noch immer hinter dem zurück, was notwendig wäre, um die vor allem aus dem Ausland kommende Dumpingkonkurrenz davon abzuschrecken, ihr Geschäftsmodell des Unterlaufens korrekter österreichischer Arbeitgeber zu betreiben, sagte AK-Direktor Christoph Klein.

AK: Keine Strafmilderung bei bleibender Ausbeutung

Die AK drängt auf einige Verbesserungen, die das Parlament im Zuge der Behandlung der Regierungsvorlage noch vornehmen sollte: Für die nachgewiesene Unterentlohnung gibt es je nach Gesamtsumme des vorenthaltenen Entgelts gestaffelte Strafen bis zu einer Höchststrafe von 400.000 Euro. Dieser Höchstrahmen gilt aber nur bei vorsätzlicher Ausbeutung in einem krassen Ausmaß: Die Entlohnung muss hier mehr als 40 Prozent unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn liegen, aus AK-Sicht wäre der Höchstrahmen auch schon bei 30-prozentigem Lohnraub anzuwenden.

Dass die Strafen bei Mitwirkung des Arbeitgebers an der Aufklärung im Strafverfahren gesenkt werden müssen, sei zwar in Ordnung, aber Strafmilderung dürfe es nicht geben, wenn ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten keinen Cent des vorenthaltenen Lohns nachzahle. "Solange die Ausbeutung aufrecht bleibt, darf es nicht zur Strafmilderung kommen", fordert die AK. Und: Wenn ein Arbeitgeber die Kontrolle von Lohndumping vereitelt, weil er etwa der Kontrollbehörde den Zutritt verweigert, betrage die höchstmögliche Strafdrohung nur mehr 40.000 Euro. "Das ist so, als könnte sich ein Einbrecher der ihm drohenden Gefängnisstrafe dadurch entziehen, dass er der Polizei die Durchsuchung der Wohnung verweigert, in der er die Beute versteckt hält", kritisiert die AK. In solchen Fällen sollten Beugestrafen angewendet werden.

Ausnahme bei Montage nicht EU-rechtskonform

Bei Lieferung von Anlagen durch ausländische Firmen brauchen sie nach der Regierungsvorlage entsandten Arbeitnehmern bei der Montage der Anlage, bei deren Inbetriebnahme, bei Einschulungen und bei Service- und Reparaturarbeiten bis zu drei Monate lang für jede dieser Tätigkeiten (also im Extremfall durchgehend bis zu einem Jahr) keine österreichischen Kollektivvertragslöhne zahlen. Diese Ausnahmeregelung ("Montageprivileg") sei nicht nur eine schwer verständliche Dumping-Konkurrenzmaßnahme gegen österreichische Anlagenbau-Unternehmen, sondern auch die Nichtumsetzung der europarechtlichen Vorgabe, wonach solche Tätigkeiten nicht länger als einen Monat vom inländischen Lohnniveau ausgenommen sein dürfen. Die Arbeiterkammer verlangt eine europarechtskonforme Regelung. (APA, 17.6.2021)