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Jetzt werden die Hände wieder hochgefahren. Die Clubkultur in Österreich feiert ab Juli ihr lange erwartetes Comeback.

Foto: Getty Images / Klaus Vedfelt

Sie können es gar nicht glauben. Liest man die Posts auf sozialen Medien von DJs, Clubbetreiberinnen und dem partyaffinen Volk, steht da häufiger "Wirklich?" als "Endlich!". Zwar war von der Regierung bereits kommuniziert worden, dass Öffnungsschritte in der Nachtgastronomie im Juli wahrscheinlich sind, verlassen wollte sich darauf aber schon lange niemand mehr. Zu oft hatte es bereits so ausgesehen, als wären die Cluböffnungen zum Greifen nah – dann stiegen die Fallzahlen. Die Party war vorbei, bevor sie überhaupt begonnen hatte.

"Jetzt sind die Jungen dran!"

Nun überrascht nicht nur die baldige Öffnung, sondern auch die Bedingungen: Ab 1. Juli darf indoor ohne Maske und Abstand gefeiert werden. Die 3-G-Regel bleibt zwar bestehen, sonst kann alles wie früher stattfinden. Zuerst bei 75-prozentiger Auslastung, ab 22. Juli sogar mit 100-prozentiger Auslastung und ohne Registrierungspflicht.

Zum ersten Mal seit März 2020 dürfen Clubs im Sinne ihrer Erfindung wieder öffnen. Sie waren unter den Ersten, die den gewohnten Betrieb einstellen und seither nie wieder aufnehmen konnten. Zwar sattelten jene, denen es möglich war, auf Barbetrieb um, konnten also aufsperren, aber das "Tanzen und Feiern", von dem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Donnerstagvormittag sprach, also das, was den Clubbetrieb ausmacht, war bis dato nicht möglich.

"Jetzt sind die Jungen dran! Clubs sind ab 1. Juli sichere Orte", formuliert es Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) im Rahmen eines Hintergrundgesprächs, das auf die Pressekonferenz folgte. Neben ihm waren auch Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Die Grünen), Vertreterinnen und Vertreter der Vienna Club Commission, einer stadtnahen Beratungs- und Vermittlungsstelle, sowie Clubsitzerinnen und -besitzer anwesend.

Wertschätzung der Clubkultur

Der Ort dafür war gut und medienwirksam gewählt: ein Club. "Es ist ein Zeichen von Wertschätzung, dass die Politik auch einmal zu uns kommt", sagt Hennes Weiss, in dessen Club Praterstrasse im ehemaligen ATV-Gebäude man sich zum Austausch traf. Tatsächlich hat im letzten Jahr ein Paradigmenwechsel in der öffentlichen Wahrnehmung von Clubkultur stattgefunden, den die Staatssekretärin für Kultur, Andrea Mayer, allein durch ihre Anwesenheit, aber auch in ihrem Statement für die Medien auf den Punkt brachte: "Clubkultur ist auch Kultur."

"Endlich werden wir als Kulturschaffende wahrgenommen, nicht als schwindlige Nachteulen", sagt ein Betreiber sinngemäß. Nicht nur der Kulturaspekt, auch der soziale Aspekt von Clubs und Diskotheken rückte ins Zentrum: So zeigte ihr Fehlen auf, dass es sich bei ihnen nicht nur um Orte der Musik und des Alkoholkonsums, sondern um wichtige soziale Räume für Jugendliche und Junggebliebene, aber auch marginalisierte Gruppen oder Minderheiten wie die LGBTQIA+-Community handelt. Sicherlich wird bei der Öffnung ab Juli auch der Hintergedanke mitgespielt haben, etwas Druck aus dem Kampf um den öffentlichen Raum, wie er vor allem in Wien an Plätzen wie dem Karlsplatz oder dem Donaukanal zu beobachten war, zu nehmen. Wie Martina Brunner von der Vienna Club Commission sagt, sind "Clubs ohnehin die Orte, an denen am strengsten kontrolliert wird".

Die ganze Krise hindurch hatten Clubbetreiberinnen und -betreiber darauf verwiesen, dass sie wohl die meiste Erfahrung mit dem Feiern unter Aufsicht hätten und durch ihr Angebot verhindern könnten, dass sich Partys in Privaträume verlagern würden. "Die Kernkompetenz der Clubs ist das sichere Feiern trotz Exzess. Clubs werden das strenge Kontrollieren der 3G-Regel an der Tür meistern. Im Grunde liefern uns die Clubs also ein Covid-Screening der 16- bis 40-Jährigen", sagt Laurent Koepp von der Vienna Club Commission.

Wie geht es im Herbst weiter?

Trotz der Freude, dass "alles, was Spaß macht", wie es der Kanzler formulierte, nun wieder möglich sein soll, plagen die Clubbesitzer schon die nächsten Sorgen: Wie soll es im Herbst weitergehen, wie danach?

Denn dass sie wieder die Ersten sein werden, die die Schotten dichtmachen müssen, wenn die Delta-Variante zuschlägt, wissen die Clubbetreiber. Der Gesundheitsminister versucht zu beruhigen und verweist auf die hohe Durchimpfungsrate, die auch unter Jungen bis in den Herbst erreicht sein soll.

Mückstein glaubt zum jetzigen Zeitpunkt nicht, dass die Clubs, trotz Delta-Variante, wieder werden schließen müssen. Dass die Registrierungspflicht zurückkommen wird, hält er aber für wahrscheinlich. Ganz überzeugt scheinen die Clubbetreiber davon nicht zu sein. "Wir brauchen Planungssicherheit, auch über den Herbst hinaus", ertönt es quasi im Chor. (Amira Ben Saoud, 17.6.2021)