Auch breitere Flüsse können völlig versiegen. Der Ai Liao River im südlichsten Landkreis Taiwans fiel heuer trocken.

Foto: AFP/Sam Yeh

Die meisten Flüsse weltweit führen nicht das ganze Jahr über Wasser: Eine im Fachjournal "Nature" veröffentlichte Studie zeigt, dass bis zu 60 Prozent aller Flüsse an mindestens einem Tag im Jahr trocken fallen. Das betrifft aber nicht nur regenarme Regionen, selbst in kühlgemäßigten und feuchten Klimazonen trocknen mehr als ein Drittel aller Fließgewässer zeitweise aus. In besonders trockenen Gebieten der Erde seien es sogar so gut wie alle Flüsse, so die Forscher.

Bäche und Flüsse leiden besonders unter dem globalen Klimawandel, der intensiven Landnutzung und dem Ressourcenverbrauch. "Aktuell konzentriert sich die Forschung und die daraus folgenden Schutzmaßnahmen überwiegend auf Gewässer, die permanent Wasser führen", erklärt Klement Tockner, Gewässerökologe von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. "Doch sogar große, charismatische Flüsse, wie beispielsweise der Nil, der Gelbe Fluss in China oder der nordamerikanische Rio Grande, fallen bereits vollständig trocken. Dies kann zu einem erschwerten Wasserzugang für Millionen von Menschen führen und hat tiefgreifende Auswirkungen auf das Ökosystem Fluss."

Bis zu 99 Prozent

Unter der Leitung von Mathis Messager von der McGill Universität in Montreal zeigt Tockner gemeinsam mit internationalen Kollegen, dass weltweit in 51 bis 60 Prozent der Flüsse an mindestens einem Tag im Jahr kein Wasser fließt. In besonders trockenen Gebieten der Erde, wie in Indien, Westaustralien oder der afrikanischen Sahelzone, sind es laut der Modellierungen sogar 99 Prozent der Fließgewässer.

"Aber auch in den kühlgemäßigten und feuchten Klimazonen trocknen fast 30 Prozent der Fließgewässer immer wieder aus. Unter Berücksichtigung kleiner Bäche sind es dort sogar mehr als die Hälfte der Wasserläufe. Mit anderen Worten: Flüsse, die – zumindest temporär – trockenfallen sind eher die Regel als die Ausnahme auf der Erde", so der Gewässerökologe.

Auch in kühlgemäßigten und feuchten Klimazonen trocknen fast 30 Prozent der Fließgewässer immer wieder aus.
Illustration: Mathis Messager

Auf allen Kontinenten und in allen Klimazonen

Regionale Beispiele hierfür sind der Urselbach, ein etwa 16 Kilometer langes Gewässer, das im Vordertaunus entspringt und durch Frankfurt führt, sowie die Weil, ein Zufluss der Lahn, welche im vergangenen Sommer trockenfielen. "Natürlich trockenfallende Gewässer sind wertvolle und einzigartige Lebensräume, aber trocknet ein permanent wasserführender Bach oder Fluss aus, dann hat das massive Auswirkungen auf die Natur und schlussendlich den Menschen", sagt Tockner.

Anhand von hydrologischen, klimatischen, bodenkundlichen und geologischen Daten von 5.615 Messstationen konnten die Forscher zeigen, dass trockenfallende Flüsse auf allen Kontinenten und in allen Klimazonen zu finden sind. "Das hat weitreichende Konsequenzen für die Erforschung und den Schutz von Fließgewässern", erklärt Tockner. "Um die zukünftigen Auswirkungen des Klima- und Landschaftswandels auf diese Ökosysteme und ihre Arten verstehen zu können, müssen wir das Trockenfallen der Flüsse als einen zentralen Parameter berücksichtigen." Zukünftig werden laut den Forschern nicht nur die Hochwässer zunehmen, sondern insbesondere auch die Austrocknung der Gewässer.

Weitere Untersuchungen

Laut der Studie ist der nächstgelegene Bach oder Fluss für 52 Prozent der Weltbevölkerung nicht durchgängig wasserführend. Der Wissenschafter ist sich sicher, dass die neuen Ergebnisse helfen werden, die Flüsse nachhaltiger zu bewirtschaften und damit auch die Menschen, die für ihren Lebensunterhalt und ihre Kultur direkt auf diese Ökosysteme angewiesen sind, zu schützen. "Wir können nun zeigen, dass Fließgewässer nicht immer fließen, in einem nächsten Schritt möchten wir untersuchen, wann und wie lange diese Trockenzeiten heute und in Zukunft auftreten und was bedeutet es für Natur und Mensch", meint Tockner. (red, 19.6.2021)