Das "Beethoven-Fries" in der Secession war Gegenstand einer 2015 abgelehnten Rückgabeforderung.

Foto: Secession

Provenienzforschung und Restitution gehören zu jenen Kapiteln, bei denen in Deutschland seit einigen Jahren Aufholbedarf herrscht. Ein Kunstrückgabegesetz wurde, anders als in Österreich, nie verabschiedet. Obwohl man sich 1999 zur (rechtlich nicht bindenden) Umsetzung der "Washingtoner Prinzipien" verpflichtete, blieb die Priorität, mit der notwendige Forschungen vorangetrieben wurden, den Museen und Institutionen überlassen.

Seit 2008 werden jedoch Projekte von Bund und Ländern finanziell unterstützt: 391 Projekte mit einer Gesamtsumme von 39,6 Millionen Euro bisher. Als zentraler Ansprechpartner fungiert das 2015 gegründete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK), das jüngst Details zur ersten Förderrunde des laufenden Geschäftsjahres bekanntgab: Rund 2,8 Millionen Euro fließen demnach in 31 Projekte der Provenienzforschung im Bereich NS-Raubgut.

Davon profitieren vor allem Museen, Bibliotheken, wissenschaftliche Einrichtungen, aber auch sechs private Antragsteller. Ralf Jacobs aus Paderborn ist einer davon. Gemeinsam mit seinem Bruder gehört er zu der zwölfköpfigen Erbengemeinschaft nach August und Serena Lederer.

14 Rückgaben seit 1999

Der Fall gehört zu den bekanntesten hierzulande und war Gegenstand mehrerer Empfehlungen des Kunstrückgabebeirates. Prominentestes Beispiel: das Beethoven-Fries von Gustav Klimt in der Secession, dessen Rückgabe im Frühjahr 2015 abgelehnt wurde.

Seit 1999 wurden 14 Kunstwerke aus den Beständen der Albertina, des Belvedere und des Kunsthistorischen Museums restituiert. Ein Bruchteil, gemessen an der einst umfangreichen Kunstkollektion, die in der NS-Zeit beschlagnahmt und in alle Winde verstreut wurde.

Das Gros der Werke blieb verschollen. Eine Rekonstruktion der Sammlung würde die Recherchen erleichtern und etwaige neue Ansprüche begründen. Dafür bekam Ralf Jacobs vergangenes Jahr knapp 116.400 Euro, nun wurden weitere 84.000 Euro bewilligt, wie das DZK auf STANDARD-Anfrage informiert. In Summe also etwas mehr als 200.000 Euro.

Für deutsche Institutionen dürfte das Projekt nur bedingt einen Mehrwert bringen. "Dass Werke der einstigen Sammlung Lederer auch auf gegenwärtiges deutsches Bundesgebiet gekommen sein könnten", sei laut DZK jedoch nicht auszuschließen.

Die Suche nach ihnen betreibt Ralf Jacobs – im Alleingang und nicht in Absprache mit der Erbenmehrheit – seit Jahren mit Engagement und resoluter Akribie. Davon können der Kunsthandel, Sammler, Museen, auch die Kommission für Provenienzforschung und Beiratsmitglieder sowie die zuständige Sektion im Ministerium ein Lied singen.

Kaum neue Ergebnisse

Regelmäßig treffen Schreiben ein, in denen etwa Akteneinsicht, die Herbeischaffung von Dokumenten aus ausländischen Archiven oder eine Änderung des Kunstrückgabegesetzes gefordert werden. Fast schon berüchtigt sind seine Meldungen in der ebenfalls vom DZK betriebenen Datenbank "Lost Art". Pauschal sind dort etwa 400 Entwurfszeichnungen zum Beethoven-Fries verzeichnet. Die Albertina oder das Leopold-Museum mussten wiederum um die Löschung der Einträge von Werken aus ihren Beständen kämpfen.

Zurück zum Projekt, bei dem Jacobs vom wissenschaftlichen Dienstleistungsunternehmen Facts & Files in Berlin begleitet wird. Auf deren Website wird man über den Status und die unrühmliche Entzugsgeschichte der Sammlung Lederer informiert: für Außenstehende ein guter Überblick. Fachleute, denen die Causa geläufig ist, suchen neue Erkenntnisse hingegen vergeblich.

14 Kunstwerke sollen ermittelt worden sein, die 1939 noch vorhanden gewesen wären und deren Verbleib unbekannt ist. Welche, war nicht in Erfahrung zu bringen. Insgesamt hat es den Anschein, dass hier die Arbeit österreichischer Provenienzforscher verwertet wurde. Allen voran jene von Sophie Lillie, die dazu 2014 dissertierte und im Laufe der Jahre mehrfach zur Sammlung Lederer publizierte. Auf Anfrage möchte sie das nicht kommentieren.

Ein dem DZK bereits vorliegender Zwischenbericht bleibt "aufgrund der Vorläufigkeit der darin enthaltenen Ergebnisse" vorerst unter Verschluss. Erst nach Abschluss des Projektes werden die Ergebnisse in der Forschungsdatenbank ("Proveana") veröffentlicht. (Olga Kronsteiner, 19.6.2021)