"Ein Schatten seiner selbst": "News" über Sebastian Kurz.

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Dunkle Wolken hängen über dem Land. Ein Schatten seiner selbst sei Sebastian Kurz, diagnostizierte neulich "News". Immer mehr Schwarze kritisieren (noch intern) die Arroganz türkiser Machtzirkel und sorgen sich um den guten Ruf einer staatstragenden Partei, den sie selber mit der Inthronisierung von Kurz gefährdeten.

Jetzt wird’s schwer. "Wer nach so einem Riesenbauchfleck wieder aufstehen will, muss mit maximaler Transparenz agieren", befand eine Coachin, und hinter vorgehaltener Hand erinnert sich ein schwarzer Kurz-Kritiker: "Früher war für Kurz immer, wenn es ein Problem gegeben hat, jemand anderer schuld. Zuerst war es die FPÖ, jetzt stören ihn die Grünen, das Parlament, die Justiz, irgendwann auch die Demokratie."

Querdenker in der "Krone bunt"

Es ist ja wirklich nicht leicht, heutzutage die wahren Schuldigen zu finden. Niemand hat das klarer formuliert als einer der Querdenker, die sich die "Krone bunt" für ihre kurzgläubigen Sonntagsleserinnen und -leser hält. Diejenigen, die den gesellschaftlichen Mechanismus manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die die wahre herrschende Macht des Landes ist, raunzte dort DI Dr. Klaus Woltron. Die Freimaurer? Die Weisen von Zion? Außerirdische? Oder meinte er die "Kronen Zeitung", von der viele glauben, dass sie die wahre herrschende Macht des Landes ist. Dringende Fragen, deren Beantwortung leider ein wenig im Ungewissen bleibt.

Fest steht: Fanatische Anhänger gegnerischer Gruppen suchen den Splitter im Auge des anderen, ohne die Balken in den eigenen zu bemerken. Mit gefinkelten Methoden sucht man politische Gegner zu Fall zu bringen. Aber angesichts der aktuellen pharisäischen Entrüstung über geleakte Inhalte sei dringend zur Selbstkritik zu raten: Was habe ich in privatem Kreis nicht schon alles hingesagt, was mir, käme es an die Öffentlichkeit, als Todsünde und Anlass zu einem empörten Shitstorm gereichte?

Kann man nicht die Pharisäer in Ruhe lassen?

Kann man nicht endlich einmal die Pharisäer in Ruhe lassen? Von ihnen soll es nicht weit sein bis zu einem unguten Gefühl des im Krieg gepredigten "Achtung! Feind hört mit", aber solche Bibelexegese scheint doch etwas weit hergeholt. Es geht ja auch anders. So wurde zu allen Zeiten auch der Vorgang gesteuert, den man seit Stalins Zeiten "Säuberung" nennt: die zwangsweise Ausgrenzung von Personen oder Personengruppen aus Parteien, Regierungen und öffentlicher Verwaltung. Und um noch deutlicher zu machen, wie ungerecht Österreichs derzeit Regierende leiden müssen, ein besserer Vergleich: Im Nationalsozialismus diente das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" der Ausgrenzung jüdischer und politisch missliebiger Beamter.

Dass die Judenverfolgung im Dritten Reich dafür herhalten muss, Untersuchungen der Staatsanwaltschaft ins schiefe Licht zu rücken, ist geschmacklos. Erfreulich hingegen, dass es wenigstens die "Krone" gibt, die den Herren Pilnacek und Brandstetter tieferen Einblick in ihr Schicksal zuteilwerden lässt. Und dass unter Stalin ab den 1930er-Jahren Verdächtige mit Zwangsarbeit oder Hinrichtung rechnen mussten, sollte Thomas Schmid seinen Rückzug aus der Öbag versüßen.

"Diese Art der Verfemung"

Damit nicht genug. Neben der Verfolgung politischer oder parteiinterner Gegner versuchte man auch, die Erinnerung an missliebige Menschen, Ideologien und Bezeichnungen zu löschen. Derart identitäres (auf einer angeblich einzig fehlerfreien Ansicht beruhendes) Denken begünstigt genau das, was es zu überwinden behauptet: das Trennende. Es ist natürlich problematisch, dass der Rathausplatz in Wien nicht mehr Adolf-Hitler-Platz heißt, niemand bedauert das mehr als Identitäre, die das vom Nationalsozialismus Trennende nur allzu gern überwinden wollen. Daher muss sich diese Art der Verfemung heutzutage mit einem Lueger-Denkmal, mit Straßennamen und Kriegerdenkmälern zufriedengeben.

Die Auseinandersetzungen zwischen den Parteien hierzulande nehmen an Brutalität ständig zu. "In der Politik muss man viel aushalten. Aber was zuletzt passiert ist, grenzt an Menschenjagd." So Ex-Minister Brandstetter zuletzt. Es trübt natürlich die Lebensfreude, wenn man die Vorladung in einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Menschenjagd empfindet. Besonders dann, wenn dieser sich herauszufinden bemüht, wo die sitzen, die den gesellschaftlichen Mechanismus manipulieren wollenund dabei so tun, als wäre jedes öffentliche Interesse daran ein Eingriff in selbstverständliche Rechte, die sie sich selber zubilligen. Gewissermaßen als unsichtbare Regierung und wahre herrschende Macht. (Günter Traxler, 20.6.2021)