Am Wochenende rückten Bundeskanzler und Innenminister gemeinsam aus, um die grüne Justizministerin zurechtzuweisen.

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Die Vehemenz, mit der die ÖVP reagiert, lässt nur einen Schluss zu: Die Kanzlerpartei ist bereits im Wahlkampfmodus. Sie greift mit Inbrunst jede Möglichkeit auf, ihr Lieblingsthema hochzuspielen: Ausländer. Am Wochenende rückten Bundeskanzler und Innenminister gemeinsam aus, um die grüne Justizministerin zurechtzuweisen: Alma Zadić hatte angeregt, die Abschiebungen nach Afghanistan zu evaluieren. Nicht einzustellen, sondern zu überprüfen. Reaktion der ÖVP mit dem großen Megafon: Kommt gar nicht infrage.

Kein einfaches Thema

Das Thema ist nicht einfach: Was tun mit Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde? Das ist bei Afghanen zu einem großen Teil der Fall. Und was macht man mit jenen, die hier straffällig geworden sind? Drogenhandel, Körperverletzung, sexuelle Belästigung. Erster Reflex: abschieben, klar.

Andererseits weiß man, dass in Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Truppen die radikalislamischen Taliban die Macht übernehmen werden, mit allen Konsequenzen. Menschen, die geflohen sind und dorthin ausgeliefert werden, droht im Extremfall der Tod – auch dem jungen Mann, der im Burgenland seine Lehre gemacht hat. Es gibt keine Antwort, die auf alles passt. Daher wäre eine Evaluierung mit offenem Ausgang sinnvoll, im Zuge derer sich vielleicht doch sinnvolle Antworten finden lassen. Mit einer in Bedrängnis geratenen ÖVP, die schon den Wahlkampf probt und ihren Koalitionspartner züchtigen möchte, scheint das aber nicht mehr möglich zu sein. (Michael Völker, 20.6.2021)