Das Sars-CoV-2-Virus hat die Welt verändert – auch die der Wissenschaft.
Foto: AFP/ National Institutes of Health

"Was trägt die Wissenschaft zur Bewältigung einer Pandemie bei?", fragte die Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Sommer 2020. Den der Jury zufolge besten Essay dazu verfasste der ÖAW-Soziologe Alexander Bogner. Er erhält nun den mit 12.000 Euro dotierten ersten Preis. Eine gekürzte Version seines Essays erschien in der Montagsausgabe des STANDARD. Der Text in voller Länge ist hier nachzulesen.

Auf den Plätzen folgen ein Tandem aus Quantenphysik und Sozialanthropologie sowie ein Autorenduo aus der Wissenschaftsforschung und -förderung, wie die ÖAW am Montag mitteilte.

114 Essays eingereicht

Die Corona-Pandemie brachte der Wissenschaft wahrlich ein Ausmaß an Aufmerksamkeit ein, die man noch vor kurzem kaum für möglich gehalten hätte. Das Thema stand daher auch im Fokus der aktuellen, von der ÖAW vor wenigen Jahren wiederbelebten Tradition öffentlich ausgeschriebener Preisfragen.

Der erste Preis in Höhe von 12.000 Euro ging an den Beitrag des Soziologen Alexander Bogner, der am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der ÖAW forscht.
Foto: DER STANDARD/Corn

Dem an Teilnehmer aus aller Welt mit oder ohne wissenschaftlichen Hintergrund gerichteten Aufruf zur Auseinandersetzung mit dem zeitgeistigen Problemkreis folgten über 150 Personen, die alleine oder in Kooperation insgesamt 114 Essays zur Begutachtung einreichten. Es langten Texte aus 27 Ländern im Zuge der mit 24.000 Euro dotierten Ausschreibung ein, die von einer fachübergreifenden wissenschaftlichen Jury beurteilt wurden. Die Beiträge der Gewinner/innen sind auf der Website der ÖAW via Open Access veröffentlicht:

Zudem werden sie in einem Band der ÖAW-Reihe "Forschung & Gesellschaft" auch in gedruckter Form publiziert.

"Ohne die Wissenschaft wäre das Coronavirus gar kein Virus, sondern eine dunkle Heimsuchung des Schicksals. Und ohne die Wissenschaft hätten wir auch keine Hoffnung darauf, Covid-19 eindämmen zu können", schreibt Bogner, der am Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der ÖAW arbeitet. Die Forschung habe in der Krise Fakten und Daten geliefert und gleichzeitig Einblicke in ihre Lernprozesse eröffnet. Damit hat sie an Glaubwürdigkeit gewonnen, so die These des Soziologen, der darauf hinweist, dass die Wissenschaft kein politisches Mandat hat und somit nicht bestimmen könne, welche Eindämmungsmaßnahmen umgesetzt werden sollen.

Video mit dem Preisfrage-Gewinner Alexander Bogner.
Österreichische Akademie der Wissenschaften

Vernachlässigte Sozialwissenschaften

Die Sozialanthropologin Raya Polishchuk von der Uni Wien und der Schweizer Quantenphysiker Fabien Clivaz von der Uni Ulm (Deutschland) weisen in ihrem mit 8.000 Euro bedachten Text darauf hin, dass im Zuge der Krise zwar viel über die naturwissenschaftliche Sicht berichtet wurde, die Sozialwissenschaften hingegen weniger aufgegriffen wurden. Auch die Politik habe dies vernachlässigt, was den Blick auf sich entwickelnde Ungleichgewichte in der Krise verstellt habe.

Der dritte Preis (Dotation: 4.000 Euro) geht an Thomas König vom Institut für Höhere Studien (IHS) und den Chef des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF), Michael Stampfer. Sie fokussieren auch auf die politischen Rahmenbedingungen für die Wissenschaft und plädieren für langfristige Förderungen für die verschiedenen ineinandergreifenden Forschungsbereiche. (red, APA, 21.6.2021)