Keine Frage: Der Nachtzug erlebt europaweit ein Comeback. Vorreiter war die ÖBB, die mit 19 eigenen Nightjet-Linien punktet. Zusammen mit Partnerbahnen können sie zusammen insgesamt 28 Nachtzugverbindungen anbieten. Man sei damit Europas größter Nachtzuganbieter, heißt es vonseiten der ÖBB.

Die Bar ist fix mit an Bord.
Foto: Midnight Trains

In Frankreich wiederum schickt sich das Start-up Midnight Trains nun an, den Schlafwagenzug in ein luxuriöses Gewand zu stecken. Ein Boutique-Hotel auf Schienen schwebt Adrien Aumont und Romain Payet vor, den Köpfen hinter dem Projekt. Man möchte ein anspruchsvolles und luxuriöses Erlebnis an Bord bieten – mit High-End-Privatsuiten mit eigenem Bad, einem saisonalen Menü mit Cocktails à la carte und Zimmerservice.

Netz von Luxus-Nachtzügen

Zwar weit entfernt von Kellnern mit weißen Handschuhen, den Kronleuchtern und den unerschwinglichen Preisen klassischer Schlafwagenzüge wie dem Orient-Express, will Midnight Trains Züge mit modernem Dekor, einer Bar mit Craft-Bier und ausgesuchten Weinen, Unterhaltung auf Abruf und einen Concierge-Service über eine App auf die Gleise setzen. Die verschiedenen Kabinengrößen sind sowohl für Einzelpersonen, Paare als auch für größere Gruppen geeignet. 2024 soll es so weit sein.

Midnight Trains soll eine entspannte und umweltfreundliche Alternative zum Kurzstreckenflug sein.
Foto: Midnight Trains

Ein Netz von Luxus-Nachtzügen soll dann sternförmig, ausgehend vom Pariser Bahnhof Gare du Nord, quer durch Europa unterwegs sein und Städte wie Madrid, Lissabon, Porto, Mailand, Venedig, Florenz, Rom, Wien, Prag, Budapest, Berlin, Hamburg, Kopenhagen und sogar Edinburgh anfahren. Der Nachtzug soll eine klimafreundliche, stressfreie Alternative zum Flugzeug bieten, sagen die Gründer, die von Beratern aus den Reihen von Eurostar, Accor und den europäischen Bahnbetreibern SNCF und Thalys unterstützt werden. Details zu Ticketpreisen und Abfahrtszeiten hat das Unternehmen allerdings noch nicht.

Trans-Europe Express 2.0

Mark Smith von der britischen Bahnreise-Website The Man in Seat 61 ist der Meinung, dass es auf den genannten Strecken eine große Nachfrage gibt und die Pläne des Unternehmens "zum Bestreben der französischen Regierung passen, Schlafwagenzüge wiederzubeleben", wie er gegenüber "Executive Traveller" sagte: Er setze große Hoffnungen auf die Strecken von Paris nach Italien und Spanien, wo es jetzt eine große Lücke und eine hohe Nachfrage gebe. Aber, so hält er fest, die Strecke Paris–Edinburgh wäre wegen der zusätzlichen Kosten kommerziell nur sehr schwer zu realisieren.

Foto: Midnight Trains

Die Initiative Trans-Europe Express 2.0 (TEE) wiederum wird es Reisenden ermöglichen, über mehrere nationale Grenzen hinweg zu reisen, ohne umzusteigen – eine direkte Herausforderung an den Flugverkehr. Die Wiederbelebung des europäischen Nachtzugnetzes erfolgt 25 Jahre nach dem Zusammenbruch des ursprünglichen Trans-European Express, der 130 Städte auf dem ganzen Kontinent miteinander verband. Der Boom der Kurzstreckenflüge hat die Attraktivität der Züge geschmälert, aber Kampagnen von Umweltaktivisten wie Greta Thunberg machen den Menschen ihren ökologischen Fußabdruck bewusster.

Eine direkte Reise von Amsterdam nach Rom würde nach den Plänen des TEE 2.0 über 13 Stunden dauern, im Vergleich zu knapp über zwei Stunden im Flugzeug. Das könnte vor allem klimabewusste Urlauber ansprechen. Und so rechnet etwa die Deutsche Bahn nach dem Coronavirus schon mit einem "goldenen Zeitalter" für Zugreisen. (red, 22.6.2021)

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