Am sogenannten Parking Day weisen Künstler und Künstlerinnen sowie Aktivisten und Aktivistinnen, wie hier in Berlin, auf Alternativen zu Parkplätzen in Städten hin. Das Thema hat seit Corona deutlich an Fahrt aufgenommen.

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Wenn Autos etwas gut können, dann ist das Stehen. Nur fünf Prozent der gesamten Zeit sind sie wirklich unterwegs, den Rest verbringen sie auf Parkplätzen neben der Straße, in Parkgaragen, unter Büros oder vor oder unter Einkaufszentren. In vielen Fällen ist die Parkfläche beinahe gleich groß wie das eigentlich genutzte Büro oder der Supermarkt.

In Wien etwa werden Kfz zwar für weniger als ein Drittel aller Verkehrswege genutzt, und auch der Anteil der Autobesitzer an der Bevölkerung ist laut Statistik Austria mit 374 Autos je tausend Einwohner niedriger als im Rest Österreichs (555). Trotzdem ist die Flächennutzung enorm: 7,2 Quadratkilometer oder circa 1.000 Fußballfelder brauchen die knapp 720.000 zugelassenen Fahrzeuge in Wien zum Parken. Schon im Jahr 2012 hieß es in einer Studie der Stadt Wien, dass 85 Prozent der Parkplätze dauerhaft verparkt sind. Über 80 Prozent Auslastung bedeutet: Es gibt noch mehr Verkehr, weil mehr Menschen nach Parkplätzen suchen.

Weniger Bedarf an Parkplätzen

Mit der Corona-Pandemie und dem Umstieg auf Homeoffice und Online-Shopping reduzierte sich vielerorts auch der Auto- und Pendlerverkehr. In vielen Städten sind provisorische Radwege entstanden, die laut einer Studie dazu führten, dass europaweit mehr Menschen aufs Auto verzichteten und mit dem Rad unterwegs waren.

Auch wenn der Verkehr nun wieder zurückkehrt, werde der Bedarf an Parkplätzen in Städten laut einigen Experten und Expertinnen langfristig jedoch noch weiter zurückgehen: Selbstfahrende Autos könnten bald viele Fahrten obsolet machen, wären häufiger unterwegs und bräuchten dadurch weniger Parkplätze. Hinzu kommen mehr Angebote für Mikromobilität, wie etwa E-Scooter oder E-Bikes.

Umstieg auf Carsharing

Auch die Einstellungen zum Auto und zur eigenen Mobilität scheinen sich möglicherweise nachhaltig zu verändern: Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 können sich mehr als die Hälfte der befragten Österreicher vorstellen, künftig private Fahrgemeinschaften als Alternative zum eigenen Auto zu verwenden, 40 Prozent sehen in Carsharing-Angeboten eine gute Alternative. Nicht zuletzt planen viele Städte, darunter auch Wien, ihre CO2-Emissionen künftig zu senken. Das bedeutet für viele Experten und Expertinnen, dass der Autoverkehr und damit auch die Parkplätze reduziert werden müssen.

Klar ist: Ganz ohne Parkplätze und Autos in der Stadt wird es auch in naher Zukunft nicht gehen. Denn selbst die härtesten Autogegner sehen ein, dass es Transportfahrzeuge, Polizei, Krankenwagen und Autos für andere wichtige Strecken und bestimmte Personen nach wie vor brauchen wird. Aber selbst wenn sich Autobesitz und -verkehr in Zukunft nur um ein Zehntel reduzieren sollten, bleiben viele Flächen übrig. Was also tun mit all den Parkplätzen, die dann leerstehen?

Gastgärten und günstigere Wohnungen

In Städten wie New York oder München sind in den vergangenen Monaten etwa viele neue Gastgärten, Radwege und Fußgängerzonen auf ehemaligen Parkplätzen entstanden. San Francisco wiederum stellte Unternehmen Gratisgenehmigungen aus, mit denen sie an mehr als tausend Parkplätzen ihre Läden eröffnen durften.

In Buffalo, New York, wurde bereits 2017 die Voraussetzung abgeschafft, dass neue Büros und Wohngebäude auch mit einer Mindestfläche an Parkplätzen gebaut werden müssen. Seither habe sich laut einigen Experten und Expertinnen die Zahl der Grünflächen und die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel erhöht. Zudem seien Wohnungen leistbarer geworden, da für die Bauträger weniger Kosten für die Errichtung von Parkplätzen anfallen.

Gemeinschaftsräume

Immer mehr Städte nutzen den Platz von Parkplätzen und Parkgaragen auch, um diese in Wohnungen, Büros, Lagerhäuser, Gemeinschafts- oder Innovationszentren zu verwandeln. Die britische Organisation Make Shift beispielsweise baute eine siebenstöckige Parkgarage in London 2018 in ein Studio für Künstler, Coworking-Spaces und Gemeinschaftsräume um. In Frankreich wiederum schlug ein Studententeam vor, eine Parkgarage in ein Logistikzentrum zu verwandeln, in dem unter anderem Lastenfahrräder für den Transport zum Einsatz kommen sollen. Und in Houston, Texas, gestalteten Architekten und Architektinnen eine Parkfläche auf dem Dach eines Krankenhauses in einen japanischen Garten um.

Einige Architekturbüros wollen alte Garagen etwa in Büros umwandeln.
Foto: Gensler

Besonders wenn es um den Umbau von Tiefgaragen geht, gibt es aber noch viele Hürden. Denn für eine längere menschliche Nutzung sind die Räume mit ihren niedrigen Decken, wenig Tageslicht und kellerartiger Atmosphäre selten ausgelegt. Aber auch dort wollen Stadtentwickler und -entwicklerinnen den Raum etwa für die urbane Landwirtschaft oder als Rechenzentrum nutzen.

In Oslo ist vor einigen Jahren ein Hochhaus entstanden, das statt eines Parkplatzes für Autos mehr als 500 Parkplätze für Fahrräder anbietet.
Foto: Code Architecture

Widerstand von Unternehmen

An der Umgestaltung von bestehenden Parkplätzen regt sich in vielen Städten aber auch Widerstand und Kritik. Besonders Unternehmer und Shopbetreiber befürchten, dass mit dem Wegfall der Parkplätze die Kunden ausbleiben. Dass eine Umgestaltung zu Fußgängerzonen an einigen Orten aber auch belebend wirken kann, hat für viele Experten und Expertinnen nicht zuletzt die Entwicklung der Mariahilfer Straße in Wien und so mancher Einkaufsstraße in anderen Städten gezeigt.

Aber auch die Bevölkerung steht den Umgestaltungen nicht immer positiv gegenüber. In einigen US-amerikanischen Städten wie etwa Oakland, in denen in der Corona-Krise dutzende neue Parklets entstanden, protestierten Menschen gegen die Änderungen, über die sie im Vorhinein nicht informiert worden seien. Insbesondere sozial schwächere Bewohnergruppen befürchteten, damit weiter aus der Stadt gedrängt zu werden.

Das bringt Stadtplaner und Stadtplanerinnen dazu, die Bevölkerung vermehrt in die Planungen einzubinden. Der Umgang mit Parkplätzen werde bei der Stadtplanung laut vielen Experten und Expertinnen künftig jedenfalls eine entscheidende Rolle spielen: Denn sie beeinflussen, wie sich eine Stadt und deren Bewohner bewegen, treffen und sich austauschen. Richtig gestaltet, können ehemalige Parkplätze so zu mehr Lebensqualität für alle Bewohner beitragen – und dem Klimawandel noch ein Stück weiter entgegenwirken. (Jakob Pallinger, 21.7.2021)