Choreografie mit Megafon: Sechs Frauen werden bei der Performance "Sirenen" von Sylvi Kretzschmar auf die weibliche Fürsorgearbeit aufmerksam machen. Und zwar laut!

Foto: Rasande Tyskar

Einst lockte ihr betörender Gesang die Seefahrer ins Unglück. Aber auch zeitgenössische Sirenen haben ihre Hintergedanken: Am 26. Juni sowie am 3. und 4. Juli finden an verschiedenen Wiener Orten Performances statt, bei denen sechs Frauen via Megafon kommunizieren. Bei dem Projekt Sirenen von Sylvi Kretzschmar geht es um Probleme, Wünsche und Bedürfnisse, die durch die Corona-Pandemie entstanden oder hervorgetreten sind.

Mit einer Klangkomposition und einer speziellen Choreografie wird die Situation all jener Frauen, die Fürsorgearbeit leisten, hörbar gemacht. Die Zitate dafür stammen aus Interviews. Das Megafon, das häufig als Agitationsmittel dient, verleiht unsichtbarer Care-Work eine laute Stimme. Die Funktionen des Stimmverstärkers, zum Beispiel Echo- oder Loop-Effekte, spielen dabei eine besondere Rolle.

Auf eine Art Fabelwesen beruft sich auch der Künstler Alex Franz Zehetbauer. Der 1990 geborene Sänger und Soundchoreograf hat die Konzertperformance Brunnentroll entwickelt, die bei mehreren öffentlichen Brunnen aufgeführt wird. Im Mittelpunkt steht der Körper, der seinen ganz eigenen Flüssigkeitshaushalt hat. "Wenn ich in und mit einem Brunnen spiele, verändert sein Wasser buchstäblich mich, und ich das Wasser", so der Künstler zu seiner fluiden Aktion.

Kartoffeln in St. Marx

Ohne Wasser geht gar nichts – zumindest, was das Gärtnern angeht. Im dritten Wiener Gemeindebezirk wurde nun ein Kreisverkehr zum Kartoffelacker. Die Initiative Kreiskartoffel St. Marx von Elisabeth Falkinger, Stefanie Hilgarth, Christoph Schwarz und Hanna Schwarz erinnert an die Zeit der Weltkriege, wo aus Versorgungsnot auf städtischen Grünflächen Gemüse angebaut wurde.

Auf der runden Verkehrsinsel steht auch ein Kiosk. Dieser sollte eigentlich die Aufschrift "Sind im Weltkrieg" tragen. Zu irritierend für die Autofahrer, meinten die Behörden, weswegen auf "Sind im Weltmarkt" abgeschwächt werden musste. Als Kompromiss wird am Sonntag, wenn das Verkehrsaufkommen gering ist, wieder der ursprüngliche Slogan gezeigt.

Krise des Klimawandels

Die drastischere Formulierung möchte die Krise des Klimawandels vor Augen führen, die nicht zuletzt durch den dominierenden Verkehr ausgelöst wird. Das Künstlerquartett hat ein "Hybrid zwischen Nachbarschaftsprojekt, Kunstaktion, sozialer Skulptur und symbolischer Geste" im Sinn, wo sonst nur urbane Einöde herrscht.

Nicht weit entfernt, am Landstraßer Gürtel, befasst sich die Installation Zwischen Anlagen Anderer mit Bauboom aufgrund von Immobilienspekulation. Das Zürcher Künstlerduo Michael Meier und Christoph Franz hat dafür aus Bauschutt der Umgebung neue Ziegel produziert. Daraus entstand ein begehbares Objekt, das sich in Größe und Grundriss an eine Vorsorgewohnung anlehnt. Im Inneren sind auf dem Boden Texte angebracht, die sich mit Profitmaximierung im Wohnbau beschäftigen. (Nicole Scheyerer, 22.6.2021)