Daniel Glattauer liest im Rahmen des Literaturschiff am 30. Juni.

Foto: Leonhard Hilzensauer

In Sierning, wo Christian Gsöllradl-Samhaber wohnt, leiste die lokale Bibliothek Großartiges, etwa was Elementarpädagogik angehe, sagt er. Aufgrund knapper Ressourcen schaffe sie es aber kaum, auch "literarische Ereignisse" zu veranstalten. Dabei hat die oberösterreichische Gemeinde über 9000 Einwohner. "Es ist wichtig, Literatur auch aufs Land zu bringen."

Deshalb hat Gsöllradl-Samhaber vergangenen Herbst die Initiative Literaturschiff mitbegründet. Einen "mobilen" Literaturverein, der seit diesem Frühjahr unterschiedliche Räume mit Lesungen belebt: vom Kulturhaus Röda in Steyr über den Biohof Huber zu Gunersdorf in Sierning bis zum Garten der Geheimnisse in Stroheim. Dort liest am Mittwoch Krisenreporterin Petra Ramsauer aus ihrem Buch Angst, in dem es etwa darum geht, warum Angststörungen zunehmen.

Diskurse aufgreifen

Der Initiative ist es wichtig, mit ihren Veranstaltungen Diskurse aufzugreifen, gesellschaftlich relevante Themen wie etwa Flucht und Asyl anzupacken, Wissen zu generieren, humanistische Sichtweisen zu formen. Das Publikum soll "etwas mitnehmen", sagt Gsöllradl-Samhaber. Das kommt in der Bevölkerung schon nach wenigen Wochen Programm sehr gut an: Über mangelnden Andrang kann man nicht klagen, nach Veranstaltungen gebe es immer viele Zuschriften.

Inzwischen arbeiten im Kern acht Personen vor und hinter den Kulissen des Literaturschiffs. Die Finanzierung erfolgt über Förderungen von Bund und Land, regionale Unternehmen sponsern das Projekt über Einschaltungen im Programmheft. Auf der Website ist ein Programmfolder mit Terminen schon bis Dezember gefüllt, darauf finden sich viele publikumswirksame Namen: Daniel Glattauer (30. 6.), Franzobel (21. 7.), Daniel Kehlmann (2./3. 9.), David Schalko (30. 10.), Austrofred (17. 11.) oder Navid Kermani (20. 11.). Bachmannpreisträgerin Nava Ebrahimi liest auch (13. 10.). Weniger bekannte Autoren werden oft mit arrivierten zu spannenden Paarungen zusammengespannt. Probleme, an die Autoren heranzukommen, die man präsentieren wolle, habe man keine. Das Konzept überzeugt nicht nur das Publikum, sondern auch die Gäste. (Michael Wurmitzer, 21.6.2021)