Proberöhren im "Alles gurgelt"-Labor in Wien: Nur die Bundeshauptstadt setzt großflächig auf die verlässlichen PCR-Tests.

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Was Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gefordert hat, findet im Gesundheitsministerium Rückhalt: Es sei geplant, österreichweit eine "niederschwellige" Möglichkeit zur Inanspruchnahme von PCR-Tests zu schaffen, sagte Chief Medical Officer Katharina Reich im Ö1-"Morgenjournal". Als Ziel nennt das Ministerium auf Nachfrage ein "großflächiges Surveillance-System".

Derzeit gibt ein solches Angebot dank des Projekts "Alles gurgelt" nur in Wien: Die in den Bipa-Filialen gratis ausgegebenen Tests können nach Durchführung in Geschäften der Rewe-Gruppe retourniert werden, innerhalb von 24 Stunden trudelt das Ergebnis per E-Mail ein.

Die anderen Bundesländer setzten hingegen vorwiegend auf Antigentests, erst bei einem positiven Resultat werden zur Überprüfung PCR-Tests eingesetzt. Diese Schnellvariante via Abstrich in Nase oder Rachenraum bietet zwar ein Ergebnis binnen 15 Minuten, ist aber unzuverlässiger: Infizierte, die keine Symptome haben, werden seltener erkannt. Gerade das Aufspüren verdeckter Infektionen, sagen die PCR-Befürworter, sei aber essenziell, um die Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante einzudämmen.

Nachteil des großen Landes

Wollen und können es die anderen Länder Wien denn nachmachen? Man warte verbindliche Vorgaben des Ministeriums ab, heißt es aus dem Büro von Ulrike Königsberger-Ludwig, rote Gesundheitslandesrätin im ÖVP-dominierten Niederösterreich. Naturgemäß sei es im größten Bundesland aufwendiger als in Wien, Testproben abzuholen und zur raschen Auswertung ins Labor zu bringen. Beim im Mai angelaufenen Pilotprojekt in fünf Gemeinden des Bezirks Zwettl sei es gelungen, in 80 Prozent der Fälle unter 24 Stunden zu bleiben.

Obwohl das Ministerium bereits vor zwei Monaten Pilotprojekte angeregt hat, sind andernorts noch nicht einmal diese gestartet. Im von ÖVP und FPÖ regierten Oberösterreich nennt man aber nicht die Logistik als Hürde: Ein Screening-Antrag sei bereits gestellt – doch seit geraumer Zeit lasse das Ministerium auf seine Zustimmung für die Kostenübernahme warten. Sobald erteilt, könne der Versuch starten.

In der Steiermark, wo die ÖVP mit der SPÖ regiert, verweist man ebenso wenig auf Transportschwierigkeiten, dafür aber auf vergaberechtliche Gründe: Man warte ab, bis die Bundesbeschaffungsgesellschaft ihre neue Auflistung mit PCR-Test-Anbietern zur Auswahl veröffentlicht, heißt es im Büro von Landesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). Die Ausschreibung für ein bundesweites Angebot soll in den nächsten Tagen erfolgen, kündigt das Ministerium an.

Kritik vom "Alles gurgelt"-Miterfinder

Christoph Steininger hält keine der Begründungen für plausibel. Wien habe bewiesen, dass keine vergaberechtlichen Hürden im Weg stünden, und auch auf dem Land lasse sich die Logistik bewältigen, sagt der Virologe von der Med-Uni Wien, als Gründer des Unternehmens Lead Horizon Miterfinder von "Alles gurgelt". Schon vor zwei, drei Monaten hätten die in Wien erprobten Betreiber den Ländern konkrete Konzepte geschickt: "Die Tests könnten seit Wochen laufen."

Professionelle Logistikunternehmen stünden bereit, um Sammlung und Transport der abgegebenen Proben zu übernehmen, sagt Heinz Marx vom Unternehmen Syngroup, einem weiteren "Alles gurgelt"-Projektpartner. Das koste zwar Geld – doch unterm Strich werde ein Gurgeltest die öffentliche Hand selbst in einem großen Bundesland nicht teurer kommen als ein Antigentest, bei dem ja auch das Personal für die Abnahme – etwa in den Teststraßen – eingerechnet werden muss. (Gerald John, 21.6.2021)