Es hätte ein lockeres Sommer-Interview werden sollen. Zehn unverfängliche Fragen an die Modedesignerin Lena Hoschek, von "Wie viel Haut darf man im Sommer und bei großer Hitze zeigen?" bis "Wie sieht es aus mit Männern und kurzen Hosen?". Zwischen Ibiza-U-Ausschuss und neuen Schreckensmeldungen zur Delta-Variante ein bisschen was Unterhaltsames, ein wenig "Stil im Sommer". Sowas brauchen Leserinnen und Leser ab und an, nicht dass die noch durchdrehen bei diesen Temperaturen, dachte man sich bei orf.at.

Es kam anders. Einige Leserinnen und Leser horchten auf. Diese Fragen! "Die größten Modeverbrechen im Sommer?" Und diese Antworten! "Neben der Trekkingsandale: die Radlerhose", so die Designerin. So weit, so erwartbar. Doch weiter: "Es gibt natürlich Girls, die sind knackig genug für Radlerhosen. Dann ist das schon wieder witzig. Aber für den Rest der Welt: Nein!"

Radlerhosen für alle! Hier vom Wiener Label Margaret & Hermione.
Foto: Anna Breit für Margaret & Hermione

Die Aussagen der Modedesignerin lasen sich ausgrenzend, aber auch die "Stil-Fragen" klangen wie von gestern: Stand sowas nicht vor zwanzig Jahren in den "Hui und pfui"-Rubriken der Frauenmagazine? Was damals nicht weiter auffiel, löste in den letzten Tagen in den sozialen Netzwerken Proteste aus.

Influencerinnen wie Hanna Schumi meldeten sich auf Instagram zu Wort: "Jeder und jede darf alles tragen. Leggings, Kleider, Shorts, Radlerhosen", es gehe darum, sich von gelernten Sehgewohnheiten zu verabschieden, Fatphobia zu verbannen, so die Beauty-Influencerin. Kolleginnen wie Charlotte Kuhrt oder Anna Stomosis schlossen sich an, sie zeigten sich in kurzen Hosen. Auch unter einem Instagram-Posting von Hoschek, das Kirsten Dunst als Marie Antoinette zeigt, kritische Kommentare. Der Tenor: "Heute Abend bestell ich mir erst mal eine Radlerhose!"

Dem ist wenig hinzuzufügen. Ob man zu engen Hosen aus Lycra oder Hoscheks Tellerröcken greift, Haut zeigen oder sich bedecken will, sollte keine Frage der Figur (oder der Geschlechtsidentität) sein. Und ja, solche Debatten können ein Anstoß sein, die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen.

Mittlerweile hat sich übrigens auch die Designerin zu Wort gemeldet. Sie will in Zukunft mit Vorsicht kommunizieren. Und mit Emojis. Nur Radlerhosen, die mag sie noch immer nicht. Wir aber schon, oder? (Anne Feldkamp, 23.6.2021)