Dominik Holzer beschäftigt sich mit dem Thema Weisheit.

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Dass Dominik Holzer Psychologe und nicht Opernsänger wurde, verdankt er einem recht banalen Zufall. Der heute 32-Jährige war für beide Studien angemeldet. Da die Aufnahmeprüfung für Psychologie zuerst stattfand und er bestand, blieb er auch dabei.

Bereits als angehender Bachelor an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt beschäftigte er sich mit einem altehrwürdigen Thema – der Weisheit. In seiner Masterarbeit vertiefte er sich in Entscheidungsforschung. Seine Dissertation führt nun beide Stränge zusammen. Eines seiner Hauptziele darin ist die Klärung, was weise Entscheidungen von anderen unterscheidet.

Weisheit ist ein notorisch widerspenstiger Begriff, es existieren innerhalb der psychologischen Forschung zahlreiche Definitionen dafür. Gleichwohl gibt es einige zentrale Kriterien, die ein Kernverständnis in vielen Theorien bilden. "Weisheit erfordert kognitive Kompetenz", erklärt Holzer. "Es gehören aber auch emotionale Stabilität und eine affektive Komponente dazu. Weise Menschen hinterfragen sich selbst. Sie akzeptieren, dass man nicht alles wissen kann, und sind offen für andere Ansichten."

Berliner Weisheitsparadigma

Holzer selbst favorisiert das sogenannte Berliner Weisheitsparadigma, das die Aspekte der Expertise und des Wissens betont. Anhänger dieser Theorie messen Weisheit empirisch, indem sie Probanden hypothetische Dilemmasituationen vorlegen und nach deren Lösung fragen. Die Antworten der Testpersonen werden anschließend unter verschiedenen Gesichtspunkten numerisch gewertet. Daraus errechnet sich ein Durchschnittswert von eins bis sieben, wobei sieben für das höchste erreichbare Ausmaß an Weisheit steht.

Ein theoretischer Weisheitsbegriff steht jedoch im leeren Raum, wenn Weisheit nicht in einen Zusammenhang mit menschlichem Handeln gebracht werden kann. Entscheidungsprozesse bieten sich dafür fast selbstverständlich an. Dabei gilt: Jede weise Entscheidung ist auch eine gute. Die Umkehrung ist allerdings nicht gültig. "Bei guten Entscheidungen steht eher die eigene Person im Vordergrund", meint Holzer.

"Weise Entscheidungen verlangen nach der Balance zwischen der eigenen Person, ihrer Umwelt und allen anderen Personen, die davon betroffen sind – langfristig, aber auch kurzfristig." Dieses Weisheitsverständnis hat Berührungspunkte mit dem Utilitarismus, nach dem man das größtmögliche Wohl für die größtmögliche Anzahl an Menschen bewirken soll.

Weisheit aus dem Bauch heraus?

Zudem bearbeitet der Kärntner Wissenschafter die Frage, ob weise Entscheidungen immer auf systematischer Überlegung basieren oder auch "aus dem Bauch heraus" getroffen werden. "Ich denke, dass Bauchentscheidungen weise Entscheidungen sein können", so Holzer. "Aber nur wenn dabei ein gewisses Maß an Expertise vorhanden ist."

Neben den letzten Schliffen an seiner Abschlussarbeit arbeitet der zweifache Familienvater im Qualitätsmanagement der Fachhochschule Kärnten. Zudem unterrichtet er in Klagenfurt an der FH, der Universität und der Pädagogischen Hochschule. Dem Gesang ist er übrigens treu geblieben – Holzer leitet einen Chor in der Kärntner Landeshauptstadt. (Raimund Lang, 27.6.2021)