Österreich hält 1,85 Millionen Rinder, die gehörig Methan ausstoßen. Zitronengras im Futter kann seine Konzentration in der Atemluft senken.

TVB Wilder Kaiser / Aigner

Es ist farb- und geruchlos, entsteht beim Abbau von organischem Material unter Luftausschluss und sorgt bereits in kleinen Mengen für hohen Treibhauseffekt: Methan ist ein Klimakiller. Es tritt bei der Produktion fossiler Brennstoffe aus, bildet sich auf Mülldeponien und durch Reisanbau. Zunehmend aber entweicht es den Mägen der steigenden Zahl an Rindern.

Ihr Fleisch und ihre Milch haben einen hohen Preis. Eine Kuh rülpst im Schnitt täglich gut 400 Liter des klimaschädlichen Gases in die Atmosphäre. Gezielte Fütterung, etwa Zugabe von Zitronengras, kann die Konzentration von Methan in der Atemluft senken. Bis entsprechende Feld- und Laborversuche in Ställen großflächig zugelassen sind, werden jedoch noch Jahre vergehen.

1,85 Millionen Rinder

Bis dahin muss sich auch Österreich mit seinen 1,85 Millionen Rindern den Vorwurf gefallen lassen, den Klimawandel zu befeuern. Hart ins Gericht mit der Landwirtschaft geht ein aktueller Bericht des Europäischen Rechnungshofes kurz vor der Fortsetzung der Verhandlungen zur gemeinsamen EU-Agrarpolitik.

Die Bilanz der Prüfer: Trotz mehr als 100 Milliarden Euro, die von 2014 bis 2020 in den Klimaschutz flossen, haben die Landwirte die Treibhausgasemissionen in den vergangenen zehn Jahren nicht reduziert. So hätten die meisten Förderungen nur ein geringes Potenzial für Klimaschutz. Anreiz für bessere Verfahren fehle.

Mehr Emissionen

Tiermast, davon zu zwei Dritteln der Bestand an Rindern, ist auch in Österreich die Quelle für die Hälfte aller landwirtschaftlichen Emissionen. Diese blieben so hoch wie 2010. Emissionen aus chemischen Düngemitteln nahmen trotz des wachsendes Biolandbaus weiter zu. Was den Anteil an Emissionen aus tierischen Produkten betrifft, liege Österreich EU-weit gar an vierter Stelle, urteilt der Rechnungshof. Die Agrarnation werde ihre Klimaziele 2030 aus heutiger Sicht deutlich verfehlen.

"Viel Geld für wenig Fortschritte", schließt sich Franz Sinabell der Kritik der Prüfer an. Der Wifo-Experte betont, dass Milliarden in Maßnahmen gepulvert wurden, die nur kleine Rädchen im Klimaschutz seien. Die großen Hebel aber blieben unangetastet. Für Sinabell wären neben neuen Futtertechnologien, die Methan im Magenlabyrinth der Wiederkäuer verringern, "durch weniger Rinder mit einem Schlag viele Probleme gelöst". Der Ökonom rät daher zu einer Prämie für Bauern, die aus der Tiermast aussteigen. Dass er damit den Groll der Agrarbranche auf sich zieht, ist ihm bewusst.

Besserer Fußabdruck als Importe

Denn was die Produktion in Summe betrifft, haben Fleisch und Milch aus Österreich weit bessere ökologischen Fußabdrücke als Importware. Dafür sorgt allein schon Futter, das im eigenen Land wächst und für das kein Regenwald in Südamerika gerodet wird. "Der Rindfleischkonsum ist stabil. Sollen wir Österreicher unser Fleisch künftig von den Brasilianern und Argentiniern produzieren lassen?", fragt Werner Habermann, Chef der Rinderbörse. Dass sich damit Probleme nur verlagerten, zeige das Dilemma der Kälber: Österreich schränkte ihre Mast aus wirtschaftlichen Gründen ein. Die der Milchproduktion geschuldeten Tiere werden daher lebend nach Spanien gekarrt, ehe ihr Fleisch über Holland nach Österreich zurückkehrt. "Was bitte ist daran besser?"

Habermann pocht darauf, nicht nur einzelne Kühe im Stall mit ihrer klimabelastenden Verdauung zu sehen, sondern das Gesamtpaket. Zumal in Österreich ja auch die Bewirtschaftung von Grünland CO2 binde.

Spannungsfeld

Für Sinabell bleibt Klimaschutz in der Landwirtschaft ein Spannungsfeld. Österreich fördert etwa bessere Stallsysteme. Das reduziert Tierleid, aber keine Emissionen. Biohaltung hebt zwar die Milchqualität. Da Biokühe aber weniger Milch geben, steigt in Relation dazu ihr Methanausstoß. Und was chemische Düngemittel betrifft, so bedingt ein geringerer Schaden fürs Klima effizientere Ausbringungstechnik. Diese können sich aber bisher nur die großen Farmen Europas leisten.

Bauernbund-Präsident Georg Strasser gibt ob der Rechnungshofkritik zu bedenken, dass ab 2023 rund 40 Prozent der Agrargelder für klima- und umweltrelevante Maßnahmen vorgesehen sind. Österreichs Landwirtschaft habe es als einziger produzierender Sektor geschafft, die Emissionen zwischen 1990 und 2019 um mehr als 14 Prozent zu senken, lässt er auf Anfrage ausrichten. Alles in allem seien Landwirte für nur zehn Prozent der CO2-Emission des Landes verantwortlich. (Verena Kainrath, 23.6.2021)