Die Uefa hat ihr Twitter-Logo umgefärbt.

Foto: Uefa/Screenshot

Der Europäische Fußballverband (Uefa) hat am Dienstag abgelehnt, das Münchner EM-Stadion im Spiel zwischen Deutschland und Ungarn als Zeichen für Toleranz und Gleichstellung in den Regenbogenfarben erleuchten zu lassen. Dafür erntete die Uefa heftige Kritik. Am Mittwoch meldete sich der Kontinentalverband nun erneut zu Wort und verteidigte seine Entscheidung.

Manche Medien hätten die Uefa-Entscheidung als politisch interpretiert, so das Statement auf Twitter. Dabei sei das Gegenteil der Fall: Der Antrag aus München sei als politisch zu verstehen, "da ein Bezug zur Anwesenheit der ungarischen Nationalmannschaft anlässlich des Gruppenspiels gegen Deutschland hergestellt wurde".

Hintergrund: Ungarn hat ein umstrittenes Anti-LGBTQI-Gesetz erlassen. Dieses soll unter anderem verhindern, dass Kinder und Jugendliche objektive Informationen über Homosexualität, Transidentität und Geschlechtsanpassungen erhalten. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die EU-Kommission dagegen vorgehen will.

Die Uefa betont nunmehr, die Regenbogenfarben nicht als politisches Symbol zu sehen – und färbte auch das eigene Logo auf den eigenen Social-Media-Kanälen dementsprechend um, darunter Twitter, Facebook und Instagram. Man sei stolz darauf, die Regenbogenfarben zu tragen. Es symbolisiere alles, woran man glaube: "Eine gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft, in der Toleranz an erster Stelle steht, unabhängig von persönlichem Hintergrund, Glauben und Geschlecht."

Unter Beschuss

Am Mittwoch bekannten sich zahlreiche deutsche Medienhäuser zur Regenbogenfahne, darunter "Bild", das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), das ZDF und Pro Sieben.

Eine Mehrheit der Deutschen findet es falsch, dass die Uefa die Regenbogenbeleuchtung nicht genehmigt hat. 55 Prozent der Befragten lehnten in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov die Entscheidung ab. 24 Prozent fanden sie dagegen richtig, 21 Prozent machten keine Angabe.

Die Uefa hatte in den letzten Tagen heftige Kritik geerntet. Dabei galt sie immer als der "bessere" Verband. Während bei der großen Schwester Fifa nebenan in Zürich ein Skandal den nächsten jagte, schien in der Zentrale der Europäer in Nyon die Welt wenigstens halbwegs in Ordnung zu sein. Doch mit dieser Wahrnehmung ist es nicht erst seit der heftig kritisierten EM-Entscheidung in der Regenbogenfrage vorbei.

Der Uefa wird aktuell unter anderem vorgeworfen, dass sie "jegliche Glaubwürdigkeit verloren" habe (Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth), ein "beschämendes" Verhalten an den Tag lege (Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter), einen "befremdlichen Umgang mit Werten" pflege (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland) und ein "falsches Signal" sende (Außenminister Heiko Maas).

Besonders deutlich wurde am Mittwoch der Vizepräsident der EU-Kommission. "Dafür finde ich keine vernünftige Entschuldigung", kommentierte Margaritis Schinas die Uefa-Haltung in der Regenbogenfrage: "Ich habe nichts anzubieten, was für sie spricht."

Erpressung, Eriksen, fragwürdige Gastgeber

Doch der Verlust des öffentlichen Ansehens begann schon weit vor der EM. Es ging damit los, dass die Uefa mit ihrem Präsidenten Aleksander Ceferin an der Spitze im Frühjahr den vorgesehenen Gastgebern die Pistole auf die Brust setzte. Mitten in der Corona-Pandemie forderte der Verband auf einmal Zuschauergarantien von den Spielstätten. Wer die nicht liefern wolle, sei raus. Das dreiste Vorgehen wurde von vielen Kritikern als Erpressung gesehen.

Da sich die Münchner nicht zur Uefa-Marionette machen lassen wollten, stand der deutsche Standort lange auf der Kippe. Am Ende rettete die Bayern wohl nur, dass es sich Ceferin und Co nicht mit dem Gastgeber der nächsten Euro verscherzen wollten. Dublin und Bilbao dagegen, die das Uefa-Spielchen nicht mitmachen wollten, sehen die Endrunde nun aus der Ferne.

Das obskure Vorgehen hat dafür gesorgt, dass die Uefa stärker unter die Lupe genommen wurde. Nun wurde hinterfragt, warum sich die Autokratenregime in Aserbaidschan und Russland mit EM-Partien schmücken dürfen. Auch die Nähe des Verbands zur rechtsnationalen ungarischen Regierung um Viktor Orbán und Sponsorenverträge mit zwielichtigen Geldgebern gerieten in den Blickpunkt.

Ceferin schweigt

Die Kritik im Vorfeld der EM war allerdings nur ein laues Lüftchen im Vergleich zu dem, was seit dem Turnierstart über die Uefa hereingebrochen ist. Die Vorgehensweise im Fall des kollabierten Dänen Christian Eriksen, das Drängen auf einer erhöhte Zuschauerkapazität bei den Finalspielen in London trotz der Bedrohung in Großbritannien durch die Delta-Variante sowie das Verbot der Regenbogenbeleuchtung der Münchner EM-Arena hat massive Proteste ausgelöst.

Von Präsident Aleksander Ceferin ist seit dem Beginn der Endrunde kein Ton zu hören. (red, sid, 23.6.2021)