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Die Defender vor Odessa, 18. Juni 2021.

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Das britische Kriegsschiff hat nach russischen Angaben Seegrenzen verletzt. Großbritannien sieht sich im Einklang mit internationalem Recht.

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Moskau – Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums zur Warnung eines britischen Kriegsschiffs im Schwarzen Meer Schüsse abgegeben und Bomben abgeworfen. Das Schiff sei am Mittwoch unweit der Halbinsel Krim drei Kilometer weit in russische Hoheitsgewässer gefahren, meldete die Staatsagentur Tass unter Berufung auf das Ministerium in Moskau. Nach dem Beschuss durch die russische Schwarzmeerflotte und den Grenzschutz des Inlandsgeheimdienstes FSB sei das britische Schiff abgedreht.

Das britische Verteidigungsministerium stellte den Vorfall anders dar. "Es wurden keine Schüsse auf die HMS Defender gerichtet, und wir erkennen die Behauptung nicht an, dass Bomben auf ihrem Weg abgeworfen wurden", twitterte das Ministerium. Vielmehr gehe man davon aus, dass die russische Seite eine Waffenübung abgehalten und es für die maritime Gemeinschaft eine Vorwarnung zu den Aktivitäten gegeben habe. Das britische Schiff sei im Einklang mit internationalem Recht unterwegs gewesen.

Es gab dem Vernehmen nach keine Verletzten. Von britischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung des Vorfalls. Das Verteidigungsministerium in London war am frühen Nachmittag nicht zu erreichen. BBC-Reporter Jonathan Beale, der an Bord der Defender ist, berichtet, dass das Schiff bereits länger von zwei russischen Küstenwachefahrzeugen verfolgt werde, bis zu 20 Flugzeuge seien über dem britischen Zerstörer zu sehen gewesen.

Luft- und Seegrenzen

Das Moskauer Ministerium erklärte, die Besatzung der Defender habe auf Warnungen zunächst nicht reagiert. Daraufhin habe ein Grenzpatrouillenschiff Warnschüsse abgegeben. Anschließend seien "präventiv" vier Fliegerbomben auf den Kurs der Defender abgeworfen worden.

Nach dem Vorfall am Kap Fiolent im Südwesten der 2014 von Russland von der Ukraine annektierten Halbinsel Krim sei der britische Militärattaché ins russische Verteidigungsministerium einbestellt worden, hieß es in Moskau. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen auf See und im Luftraum, weil Russland seine Luft- und Seegrenzen verletzt sieht. International wird die Annexion der Krim nicht anerkannt, weshalb es sich aus Sicht der Regierung in Kiew um ukrainisches Hoheitsgebiet handelt.

Der Vizechef des Verteidigungsausschusses im russischen Parlament, Juri Schwytkin, sagte, alle Versuche dieser Art, die Grenzen Russland zu verletzen, würden entschieden abgewehrt. Die Schwarzmeerflotte und der für den Grenzschutz zuständige Inlandsgeheimdienst FSB hätten im Einklang mit internationalen Regeln gehandelt. Es sei alles dafür getan worden, keine Aggression zuzulassen. Mit dem Vorgehen gegen das britische Schiff sei eine schlimmere Entwicklung des Szenarios verhindert worden.

Internationale Militärübung

Es wurde vermutet, dass das britische Kriegsschiff an einer internationalen Militärübung unter US-Führung teilnehmen wollte. Zuvor hatte Russland die USA und ihre Verbündeten aufgefordert, dieses Manöver im Schwarzen Meer nicht abzuhalten. "Das Ausmaß und die offensichtlich aggressive Art der militärischen Übungen entsprechen in keiner Weise den tatsächlichen Sicherheitsbedürfnissen in der Schwarzmeer-Region", teilte die russische Botschaft in den USA auf Twitter mit. Dadurch erhöhe sich das Risiko "unbeabsichtigter Vorfälle". Jedes Problem könne von den Anrainerstaaten selbst gelöst werden, ohne dass "Hilfe von außen 'aufgezwungen'" werde.

Das zweiwöchige Manöver "Sea Breeze" ("Seebrise") im Schwarzen Meer soll nach US-Angaben an diesem Montag beginnen. Mit 32 beteiligten Ländern aus sechs Kontinenten, 5.000 Soldaten, 32 Schiffen, 40 Flugzeugen sowie 18 Spezialoperationen und Tauchteams sei es die bisher größte derartige Übung. Die Ukraine ist Austragungsort des Manövers. Diese jährlich angesetzten Übungen gibt es bereits seit 1997.

Diesmal wird das Manöver vor dem Hintergrund neuer Spannungen zwischen Moskau und dem Westen abgehalten. Im Frühjahr hatten russische und ukrainische Truppenaufmärsche entlang des Konfliktgebiets Ostukraine Sorge ausgelöst, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine erneut eskalieren könnte.

Seit knapp sieben Jahren werden Teile der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk entlang der Grenze von durch Russland unterstützte Separatisten kontrolliert. Im Frühjahr wollten die USA Kriegsschiffe ins Schwarze Meer schicken, hatten aber nach massiver Kritik aus Russland davon Abstand genommen. (red, APA, 23.6.2021)