Lage, Lage, Lage: Lange war das für Makler die erste Antwort auf die Frage nach der Qualität einer Wohnung. Architekt Andreas Gerner, CEO von Gerner Gerner Plus, ortet da aber aktuell eine große Veränderung: "Wir sehen es eher als Frage, Frage, Frage."

Es würde zwar immer gesagt, die Menschen hätten gerne mehr Platz, aber man müsse sich in erster Linie fragen, wie viel Geld denn eigentlich zur Verfügung sei, fuhr Gerner fort. Schließlich hätte sich die Einkommenssituation der Menschen durch die Pandemie nicht unbedingt verbessert. Und dann müsste man klären, wie klein Wohnungen denn überhaupt werden dürfen – und wie sie auszuschauen hätten.

Architekt Andreas Gerner: Einst war es "Lage, Lage, Lage". Jetzt ist es "Frage, Frage, Frage".
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Als Beispiele brachte er unter anderem sein Projekt "Lebenscampus Wolfganggasse" mit. Dort entstehen aktuell 326 geförderte Wohnungen auf einem rund 8700 Quadratmeter großen Bauplatz. Die Wohnungen seien etwas kleiner, sagte Gerner, man könne sie aber zusammenschließen. Zudem würden allgemeine Bereiche im Erdgeschoß dazu beitragen, der in der Pandemie häufig um sich greifenden Vereinsamung vorzubeugen und die soziale Durchmischung innerhalb des Gebäudes voranzutreiben.

Viel aus wenig: Mit der Tag-Nacht-Strategie des Architekturbüros Gerner Gerner Plus wird aus der offenen Wohnküche am Tag durch eine verschiebbare Wand ein abgetrennter Schlafbereich in der Nacht. So kann auch auf beschränktem Wohnraum gearbeitet werden.
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Des Weiteren stellte er verschiedene Grundrissstrategien vor, mit denen das meiste aus wenig Raum herausgeholt werden könnte. So zum Beispiel die Tag-Nacht-Strategie, mit der die Wohnküche bei Tag als ein großer offener Raum genutzt werden und bei Nacht durch eine verschiebbare Wand in ein Schlafzimmer verwandelt werden kann.

Freiflächen enorm wichtig

Isabella Stickler, Obmann-Stellvertreterin und Geschäftsführerin der Genossenschaft Alpenland St. Pölten, stellte ebenfalls zwei Projekte vor, eines davon ist das Projekt Mühlbach Ost. Dieses sei bereits vor Corona geplant gewesen und erfülle im Endeffekt alle Anforderungen, die aktuell erfüllt werden müssten. "Das ist in erster Linie ein hochwertiger Freiraum", sagte sie.

Alpenland-Chefin Isabella Stickler: "Die Menschen wollen alle ein Arbeitszimmer haben."
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Die Verwertung hat Anfang 2021 begonnen, aktuell sei man bei 40 Prozent angekommen. "Wir haben extrem viele Wiener Anfragen", verriet sie und bestätigte damit einen Trend des Symposiums: Menschen ziehen, dadurch dass sie von überall arbeiten können, gerne weiter von ihrem Arbeitsplatz weg. In dem Fall aus der Stadt auf das Land.

Des Weiteren gibt es in dem Projekt Ateliers, die außer zum Wohnen alle möglichen Anwendungsbereiche erfüllen können. "Wir merken, dass die Menschen diese Fläche für die unterschiedlichsten Dinge nutzen. Coworking geht in so einem Atelier natürlich auch."

Abschließend sagte sie, man merke, dass die Menschen mehr Platz bräuchten. "Wir hatten früher wenige Anfragen für Vier-Zimmer-Wohnungen, jetzt kommen wir kaum hinterher. Die Menschen wollen alle ein Arbeitszimmer haben."

Michael Pisecky, Geschäftsführer von s Real, erzählte über den aktuellen Alltag der Immobilienmakler, die sich vor Arbeit kaum retten können. "Wir sprechen von einem Stunden-Verkaufsmodell bei gebrauchten Immobilien, so begehrt sind die", sagte er. "Wer jetzt investieren könne, tue das auch."

Michael Pisecky (s Real): "Dafür muss auch alles digital bereitstehen, was man braucht."
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In der Pandemie habe sich gezeigt, wie wichtig flexible Arbeitsweisen in Betrieben gerade in Krisen seien, sagte der Obmann der Fachgruppe der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer.. "Man hat gemerkt, dass die Arbeitgeber, die gut durch diese Zeit gekommen sind, eines waren: gut vorbereitet. Und zwar im Hinblick auf Flexibilität und Mobilität."

Das mobile Arbeiten sei das Gebot der Stunde. Die Zukunft liege darin, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die es können, den Laptop im Rucksack und damit ihr gesamtes Büro immer dabeihaben. "Dafür muss auch alles digital bereitstehen, was man braucht."

Homeoffice nicht nur ideal

Michael Gehbauer (WBV-GPA): "Vor allem in der Kommunikation war Sand im Getriebe."
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Michael Gehbauer, Geschäftsführer des gemeinnützigen Bauträgers WBV-GPA, schilderte unterdessen, dass das Homeoffice kein Allheilmittel sei. "Wir haben gemerkt, dass vor allem in der Kommunikation Sand im Getriebe war." Als Dienstleistungsunternehmen könne man nicht auf den sozialen Kontakt mit den Kundinnen und Kunden verzichten. Und er stellte im Hinblick auf die Zukunft eine spannende Frage: "Was wird beliebter werden: die Stadt der kurzen Wege oder die Flucht aufs Land?" (Thorben Pollerhof, 25.6.2021)