Keine klassischen Kojen: Jeweils vier Messestände umschließen einen der massiven Eisenpfeiler der Marx-Halle. Alle Solopräsentationen haben gleich viel Platz.
Foto: Spark Art Fair Vienna

Die Fahnen wehen im schwachen Wind, der Asphalt brennt. Aus Lieferwagen werden Möbel und Kisten ausgeladen, Planen ins Innere getragen. Die Wiener Marx-Halle wird wieder Kulisse einer großen Kunstmesse. Ungewöhnlich sind allerdings der Zeitpunkt und die Tatsache, dass es sich nicht um die Vienna Contemporary handelt, die sich hier immerhin seit 2015 jeden Herbst abspielt.

Der Neuling heißt Spark Art Fair Vienna und wird von heute bis Sonntag abgehalten. DER STANDARD war exklusiv beim Aufbau dabei. Das neue Format wurde von Renger van den Heuvel ins Leben gerufen, der bis 2019 langjähriger Geschäftsführer der Vienna Contemporary (VC) war. Dass sich der neue Player an der gleichen Location niederlässt, die bisher führende Kunstmesse aber nicht mehr hier stattfinden wird, sorgte zuletzt für Aufruhr in der heimischen Kunstszene.

Dies hat mehrere Gründe: Zum einen scheint es aktuell, DER STANDARD berichtete, nicht allzu gut um die VC bestellt. Nach dem Abgang der künstlerischen Leiterin Johanna Chromik 2020 liegt die Kommunikation nach außen hin brach, und niemand weiß bis dato, in welcher Form die VC Anfang September stattfindet – und an welchem Ort. (Infos sollen laut VC heute, Donnerstag, folgen.)

Lückenfüller zum richtigen Zeitpunkt?

Dass das neue Messeformat der Spark in enger Zusammenarbeit mit dem Betreiber des Standorts entstand (die Hey-U Mediagroup des Marx-Hallen-Geschäftsführers Herwig Ursin hält hundert Prozent an der Spark Art GmbH), hat einen seltsamen Beigeschmack. Auch die Terminkollision trägt dazu bei, da der Frühjahrstermin in den Sommer rutschte und so der Abstand zur Herbstmesse schrumpfte. Handelt es sich nun um pure Konkurrenz oder einen Lückenfüller zum richtigen Zeitpunkt?

Zwar widmen sich beide Messen zeitgenössischer Kunst, die Spark geht allerdings mit einem speziellen Konzept an den Start. Im Inneren der denkmalgeschützten Halle lässt sich dieses prompt erkennen: Luftig positionierte Messestände öffnen ihre Wände. Klassische Kojen gibt es hier keine, und jeder Stand hat mit 30 Quadratmetern die gleiche Größe, womit keine Hierarchie zwischen großen und kleinen Ausstellern entsteht. Insgesamt sind 59 Galerien vertreten, etwa 20 davon aus dem umliegenden Ausland.

Show für Solos

Neben den Hauptbeiträgen der Galerien gibt es zusätzlich drei kuratierte Sektionen: "Utopia: Post-War", "Perspectives" und "Interface – Contemporary New Media and Digital Art". Dass insgesamt nur 71 Positionen vertreten sind, mag verwundern: Bei der Spark werden ausschließlich Solopräsentationen gezeigt, also pro Galerie Arbeiten einer Künstlerin, eines Künstlers.

Zwar sei dies immer auch ein Risiko, sagt Galerist Martin Janda, der gerade die Hängung seiner Werke ausprobiert, da man das Programm nicht in ganzer Breite zeigen könne. Der Vorsitzender des Galerienverbands war aber von Anfang an überzeugt, dieses Risiko einzugehen. Vor allem die Gebühr lockt da, mit 3500 Euro pro Stand (exkl. Mehrwertsteuer) ist die Teilnahme vergleichsweise günstig. Auch Sophie Tappeiner erging es so. Sie glaubt, dass sich die Einzelpositionen, die wie kleine Ausstellungen funktionieren, für das Publikum besser eignen.

Andere sind noch etwas skeptisch, so Christian Meyer von der Galerie Meyer Kainer. "Weniger Flohmarkt und mehr Show", beschreibt er die Spark. Diese sieht er nicht als Ablöse zur VC, sondern als eleganten Zusatz. Ob Wien zwei große Kunstmessen verträgt, sieht Galerist Peter Krobath gleich nebenan nicht als Problem. Obwohl es sein könne, dass nicht jede Galerie künftig neben internationalen auch an zwei heimischen Messen teilnehmen werde. Petra Schilcher von der Grazer Galerie Artelier Contemporary fände es am sinnvollsten, eine einzige große Messe in Wien zu organisieren.

Regionaler Zirkus

Hinter vorgehaltener Hand sehen viele die Spark als wichtige neue Plattform, die auch eine Lücke in der Stadt füllt. Wie gut vernetzt van den Heuvel ist, sieht man an der Ausstellerliste, viele der bekannten Galerien sind vertreten. Ob es in Zukunft ein Auswahlkomitee geben wird, ist noch offen. Ein Beirat, der wie bei der VC früher vor allem aus großen Wiener Galerien bestand, scheint ein überholtes Modell. An die "Freunderlwirtschaft", wie sie der Innsbrucker Galerist Klaus Thoman beschreibt, und die internen Streitereien erinnern sich einige, dies habe sich aber mittlerweile geändert.

Anders ist auch die regionale Ausrichtung der Spark: Das liegt natürlich auch an der aktuellen Reisesituation, aber auch an einem Trend, der schon lange beobachtet wurde. Wie lokal die Messe aber bleiben wird, wenn es die Bedingungen erlauben, ist fraglich. Angestrebt wird eine 50:50-Lösung. Van den Heuvel möchte die Messe (und die Marx-Halle) längerfristig sogar zur Kunstproduktionsstätte aufbauen. Generell werde sich auch die Tendenz durchsetzen, dass Galerien an weniger Messen teilnehmen, ist sich Martin Janda sicher.

Der Messezirkus wird eher zum lokalen Spektakel. Auch in St. Marx füllen sich die Wände, der Teppich ist ausgerollt. Man ist offensichtlich gekommen, um zu bleiben: Die Termine bis 2024 stehen bereits fest. (Katharina Rustler, 23.6.2021)