Es sind nicht viele Ausstellungsstücke, aber sie bleiben einem im Gedächtnis. Womit der Sinn der Sache vollends erfüllt wäre. "Es geht um nichts weniger als ein ‚Kreislaufwirtschaftswunder‘ und wie wir das vom Zaun brechen", sagt der Generaldirektor des Museums für angewandte Kunst (Mak), Christoph Thun-Hohenstein, über die neueste Ausstellung in seinen Hallen. Eine ambitionierte Aufgabe für die kleine, aber feine Vienna-Biennale-Ausstellung Digital & Circular, die Wege in eben jene Kreislaufwirtschaft aufzeigen soll, in der bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich geteilt, geleast, wiederverwendet, repariert und recycelt werden sollen. Doch obwohl der Begriff oft bemüht wird, ganz präzise erklären können ihn die Wenigsten. Und es gehe um weit mehr, als das Plastiksackerl wiederzuverwerten, sagt Harald Gründl, einer der Kuratoren, bei einer kurzen Vorabführung für den STANDARD.

Die Infografiken passen sich allmählich der Kreislaufwirtschaft an.
Foto: Mona Heiss / MAK

Auch deshalb ist es der Anspruch der Ausstellung, für mehr Verständnis und Verständlichkeit zu sorgen. Gleich im Gang illustrieren Infotafeln die Notwendigkeit, von einer linearen Wirtschaft (eckiges Taferl) zu einer in sich geschlossenen zu kommen (kreisrundes Taferl). Dabei wird für die Schulung eines sechsten menschlichen Sinns namens "Ökointelligenz" plädiert. Während man außen auf Information setzt, dominiert im Hauptbereich der Ausstellung die Illustration. Und die ist bewusst minimalistisch gehalten.

In den farbigen Bereichen wächst etwas.
Foto: Mona Heiss / MAK

Es scheint, als hätten sich die für das Ausstellungsdesign verantwortlichen Harald Gründl und Lotte Kristoferitsch vom Design- und Architekturbüro Eoos Next damit ein Stück weit gegen die wissenschaftlichen Projektberater der Boku Wien durchgesetzt. Denn auf den großflächigen Österreich-Karten gibt es keinerlei zusätzliche Information. Die visualisierten Datengrafiken stehen für sich alleine – zu Recht.

10 Kugeln raus, eine retour, eine recyceln und 8 verbrauchen. Das ist unser Lebensstil.
Foto: Mona Heiss / MAK

Nervensystem und Marmor

Mit eigens für die Ausstellung programmierten Algorithmen konnte aus den Daten zweier EU-Satelliten etwa ausgelesen werden, wo in Österreich Fläche verbraucht wurde – und wo sie noch der Natur gehört. Sogar die in Gebäuden und Infrastruktur verwendeten Materialien konnten aus dem Weltall ausgewertet werden. Während die verbaute Fläche wie ein Nervensystem anmutet, gleicht die reine Naturkarte edler italienischer Marmorierung. Besonderer Hingucker ist neben einem Murmelspiel, das der Erde entnommene Materialien im Verhältnis eins zu eins zu acht aufteilt (ein Teil wird recycelt, einer der Erde zurückgegeben und acht verbraucht), ein Mobile, das auf beeindruckend simple Art das aktuelle Ungleichgewicht aufzeigt. Das in Straßen, Häusern und Infrastruktur verbaute Gesamtgewicht ist doppelt so schwer wie alle (entwässerten) Bäume, Pflanzen und Blumen Österreichs zusammen. Die Ausstellung läuft bis zum 3. Oktober 2021. (faso, 26.6.2021)