Unterstützer von Britney Spears demonstrierten am Mittwoch vor dem Gericht in Los Angeles.

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Los Angeles – Popstar Britney Spears schüttete am Mittwoch in einer emotionalen Gerichtsanhörung ihr Herz aus und macht ihrem Ärger Luft: "Ich bin traumatisiert", sagte die Sängerin in einer Telefonschaltung, berichteten der US-Sender CNN und andere Medien. "Ich bin nicht glücklich, ich kann nicht schlafen. Ich bin so wütend, das ist verrückt. Und ich bin deprimiert. Ich weine jeden Tag."

In dem über 20 Minuten langen Redefluss stellte die 39-Jährige mehrfach klar, dass sie von der seit 2008 bestehenden Vormundschaft über ihre Person und ihre Finanzen genug hat. Dies sei Missbrauch, erklärte die Sängerin in der Anhörung vor Richterin Brenda Penny in Los Angeles. Sie wünsche sich das Ende der Vormundschaft. Sie fühle sich von ihrer Familie und von Managern ausgenutzt. Sie werde von allen kontrolliert und könne selbst nicht über ihr Leben bestimmen.

Eine Szene von der Videoschaltung aus dem Gerichtssaal in Los Angeles.
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Vormundschaft seit 2008

Zu dem Termin waren unter anderem Spears' geschiedene Eltern, Jamie und Lynne Spears, ihr Anwalt Sam Ingham und die vom Gericht bestellte Betreuerin Jodi Montgomery zugeschaltet. Im April hatte die Sängerin ("Baby One More Time") die Anhörung beantragt. In dem Rechtsstreit um ihre Vormundschaft hatte sich Spears bis dahin selbst kaum öffentlich geäußert.

Nachdem die Sängerin wegen beruflicher und privater Probleme psychisch zusammengebrochen war, hatte ein Gericht 2008 entschieden, ihrem Vater die Vormundschaft zu übertragen. Seither verwaltete James Spears das Vermögen und andere Anliegen seiner berühmten Tochter. 2019 trat der Vater aus gesundheitlichen Gründen kürzer, er verwaltete seither als Vormund nur noch das Vermögen seiner Tochter. Für deren persönliche Belange, darunter auch medizinische Entscheidungen, wurde Montgomery als Vormund eingesetzt. 2020 kam ein Finanztreuhänder dazu.

Zuletzt hatte sich die Sängerin über ihren Anwalt bemüht, den Vater von seiner Rolle als Vormund gänzlich zu entbinden. Bei der Anhörung am Mittwoch machte Spears nun erstmals ihre komplette Ablehnung der Vormundschaft deutlich.

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Druck, Konzerte und Medikamente

Am Telefon las Spears das mit heftigen Vorwürfen gegen ihre Familie und ihre Betreuer gespickte Statement ab. Sie wünsche sich, dass die ganze Welt die Wahrheit erfahre. Ihren Eltern warf sie Ausbeutung vor. Seit 13 Jahren würden sie von ihrem Geld profitieren und ihr Privatleben kontrollieren. Das Vermögen der Sängerin wird auf 60 Millionen Dollar geschätzt. Am liebsten würde sie ihre Familie verklagen, betonte Spears vor Gericht.

Spears' zufolge sei sie dazu gezwungen worden, Konzerte zu geben. Man habe sie zudem unter Druck gesetzt, das Medikament Lithium zu nehmen, obwohl sie sich danach schlecht gefühlt habe. Lithium wird zur Behandlung manisch-depressiver Erkrankungen eingesetzt.

Auch in ihrem Privatleben dürfe sie keine eigenen Entscheidungen treffen, erklärte die Sängerin. Sie würde gerne heiraten und ein weiteres Kind bekommen, doch ihr sei nicht erlaubt worden, einen Arzt aufzusuchen, um ihre Spirale zur Empfängnisverhütung zu entfernen. Seit 2016 ist Spears mit dem Tänzer und Fitnesstrainer Sam Asghari liiert. Aus ihrer 2007 geschiedenen Ehe mit Kevin Federline hat sie zwei Söhne im Alter von 14 und 15 Jahren.

Besonders scharf griff Spears ihren 68-jährigen Vater an. Er habe es geliebt, Macht über sie auszuüben. Sie sei unter der Vormundschaft wie eine Sklavin behandelt worden. Alle daran Beteiligten gehörten ins Gefängnis.

Nach der Anhörung gab Jamie Spears über seine Anwältin Vivian Thoreen eine kurze Erklärung ab. "Es tut ihm leid, zu sehen, dass seine Tochter leidet und Schmerzen hat", zitierte "Variety" aus der Mitteilung der Anwältin. "Mr. Spears liebt seine Tochter und vermisst sie sehr."

Die nächste Gerichtsanhörung ist für Mitte Juli angesetzt. Zunächst wurde nicht bekannt, ob die Sängerin nun formell einen Antrag auf die Beendigung der Vormundschaft einreichen wolle. (APA, 24.6.2021)