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Mit der Donutkette Krispy Kreme wagt sich das nächste bekannte Unternehmen an die Börse. In den USA gibt es eine IPO-Euphorie.

Foto: Getty Images / Scott Olson

Die Unsicherheit, die mit Corona in die Weltwirtschaft gebracht wurde, prallt an den Börsen offenbar ab. In den USA gab es im ersten Halbjahr viele Neuzugänge, die haben aufhorchen lassen. So gab etwa die SAP-Tochter Qualtrics ihr Debüt an der New York Stock Exchange (NYSE). Der Spezialist für Marktforschung kam beim IPO auf eine Bewertung von 25,2 Milliarden Euro. Das liegt vor allem an einer deutlichen Kurssteigerung zu Handelsbeginn. Fast 40 Prozent über dem Ausgabepreis notierte das Qualtrics-Papier am ersten Handelstag.

Nicht weniger spektakulär startete die Dating-App Bumble im Februar an der NYSE. Die Bewertung lag bei 6,7 Milliarden Euro. Die Aktien des Tinder-Rivalen stiegen am ersten Handelstag um nahezu 100 Prozent. Der Spiele-Publisher Roblox folgte im März und stieg am ersten Handelstag um 66 Prozent. Damit war Roblox 49 Milliarden Dollar wert. Roblox fand seinen Weg an die Börse über eine Direktplatzierung – vollzog also keinen klassischen Börsengang.

Denselben Weg wählte die US-Kryptobörse Coinbase für ihren Gang an die Börse. Im April startete die Notiz der Handelsplattform mit einem Einstandskurs von 381 Dollar – und lag damit mehr als 50 Prozent über dem Referenzpreis. Coinbase erreichte damit eine Gesamtbewertung von knapp 100 Milliarden Dollar (84,06 Mrd. Euro) und wurde zum Zeitpunkt des Börsengangs höher gehandelt als jeder herkömmliche Börsenbetreiber.

Vorjahr bereits übertroffen

In Summe betrug das IPO-Volumen an der Wall Street (ohne Spacs) im ersten Halbjahr 174 Milliarden Dollar. "Damit wurde bereits zum Halbjahr das gesamte US-IPO-Vorjahresvolumen von 168 Milliarden Dollar übertroffen", sagt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin im Private Banking der Unicredit Bank Austria und Börsenexpertin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft. Getrieben ist dieser Drang an die Börse laut Rosen-Philipp von den noch niedrigen Zinsen. "Solange die US-Notenbank die Liquidität so reichlich bereitstellt, sind die Bedingungen für Börsengänge günstig", sagt die Marktexpertin.

Auch die Performance zum Börsenstart war bei den heurigen Neuzugängen enorm. Im Schnitt stiegen die neu ausgegebenen Papiere am ersten Handelstag um 40 Prozent. Im Vorjahr waren es 28,2 Prozent – 2019 betrug das Kursplus im Schnitt 21 Prozent. In Summe herrscht also eine Hochwetterphase für Börsengänge. Das erkläre auch die gut gefüllte IPO-Pipeline für das zweite Halbjahr.

Große Erwartungen

Da blickt der Markt vor allem auf die Trading-App Robinhood. Sie erlangte im Frühjahr große Bekanntheit, weil Anleger sich über diese Plattform massiv am dahintaumelnden US-Spieleverkäufer Gamestop beteiligt haben. Daraufhin stieg der Gamestop-Kurs massiv an, das zwang selbst Hedgefonds – die auf fallende Kurse gewettet hatten – in die Knie.

Die Art der Trading-Abwicklung hat aber auch für viel Kritik gesorgt, etwa weil Deals mit Konfettiregen begossen werden. Diese Art der Gamification des Handels hat selbst Gary Gensler, den neuen Chef der US-Börsenaufsicht SEC, auf den Plan gerufen. Er will diese Art des Handels kritisch prüfen.

Die Börsianer hingegen erwarten Robinhood schon auf dem Parkett. Das Going-Public wurde zuletzt auf die Zeit nach dem 4. Juli verschoben. Die Bewertung für die Trading-App wird bei rund 30 Milliarden Dollar erwartet. Robinhood ist eines der am schnellsten wachsenden Fintech-Start-ups und hat sich zu einem der wertvollsten privaten Einhörner im Silicon Valley entwickelt.

Suche nach den nächsten Meme-Aktien

Neben Gamestop wurde auch die Aktie des Kinobetreibers AMC bzw. von Nokia, Bed Bath & Beyond oder Blackberry mit diesen Aktien-Flashmobs kurz gehypt. Diese von Robinhood-Anlegern gepushten Aktien werden auch "Meme-Stocks" genannt und sind laut Rosen-Philipp mittlerweile zu einem eigenen Phänomen geworden. "Einerseits spricht man in Bezug auf Trading-Apps von einer weiteren Demokratisierung des Handelsgeschehens, zeitgleich gibt es aber Züge von Online-Gaming", sagt Rosen-Philipp.

Welche Marktkraft in diesen Meme-Aktien steckt, zeigt die Tatsache, dass es bereits Analysten gibt, die Meme-Aktien nicht mehr bewerten, weil das Risiko zu groß ist. Andererseits gibt es Algorithmen, die auf der Suche nach der nächsten Meme-Aktie sind.

Das Geschäft mit den Börsengängen ist mittlerweile auch ein Wettlauf gegen die Fed geworden. Sie hat angedeutet, bald aus dem Krisenmodus aussteigen zu wollen. Zinserhöhungen könnten zu Zurückhaltung bei Investoren führen. Wie gut Neuzugänge an der Börse aufgenommen werden, ist daher auch immer ein Indikator für die Risikobereitschaft der Investoren.

In den Startlöchern steht bereits Krispy Kreme. Die Donutkette ging vor 21 Jahren während der Dotcom-Blase an die Börse und verließ das Parkett 2016. Der Neustart ist für Juni geplant. Die Preisspanne liegt bei 21 bis 24 Dollar je Aktie. Damit wäre Krispy Kreme bis zu 3,22 Milliarden Dollar an der Börse wert. (Bettina Pfluger, 24.6.2021)