Michael Konsel ist ein Fan der Squadra Azzurra und des ÖFB-Nationalteams, dem er freilich die Daumen drückt.

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Wien – Beim 0:1 1990 auf der Bank, beim 1:2 1998 im Tor: Michael Konsel hat die jüngsten beiden Pflichtspiel-Duelle Österreichs mit Italien aus der Nähe miterlebt. Durch das Aufeinandertreffen der ÖFB-Truppe bei der paneuropäischen EM mit der "Squadra Azzurra" im Achtelfinale am Samstag in London werden beim mittlerweile 59-Jährigen "auf jeden Fall Erinnerungen wach" an die beiden WM-Spiele in Rom und acht Jahre später in Paris. Die Ausgangsposition ist jetzt ähnlich.

"Wir haben relativ unglücklich verloren, es wäre ein Punkt drinnen gewesen. Auch 1998 waren wir krasser Außenseiter und es war letztendlich unser bestes Spiel bei dieser Weltmeisterschaft", blickte der Ex-Teamgoalie zurück. Die Italiener hätten damals wirklich namhafte Spieler im Team gehabt. "Damals war die Serie A noch die beste Liga der Welt", betonte Konsel. Im Vergleich dazu würden aktuell manche Leute mit den Namen der Truppe von Teamchef Roberto Mancini noch gar nicht so viel anfangen können.

Die Performance der "Squadra" war zuletzt jedenfalls beeindruckend. 30 Partien ohne Niederlage in Folge, zudem elf Siege mit einem Torverhältnis von 32:0 sprechen Bände. Bei der EM waren es zwei 3:0-Erfolge gegen die Türkei und die Schweiz sowie ein 1:0 gegen Wales. "Was sie bis jetzt gezeigt haben, das ist schon beeindruckend. Mancini hat eine Mannschaft geformt, die mit einem erfrischenden Offensivfußball aus einer gefestigten Abwehr begeistert", gab Konsel zu Protokoll. "In Italien sind alle hin und weg, aufgeregt und reden schon vom Europameistertitel."

"Das Telefon läutet pausenlos"

Konsels Kontakt nach Italien ist nach seinen Engagements bei der AS Roma und Venedig (1997 bis 2001) nie abgerissen. Auch deshalb ist er dieser Tage nicht nur mit ehemaligen Weggefährten im Gespräch, sondern auch als Interviewpartner sehr gefragt. "Seit zwei Tagen läutet das Telefon pausenlos", sagte Konsel. Der Tenor auf der anderen Seite ist stets ähnlich. "Sie sind sich alle sicher, dass sie die Hürde Österreich schaffen", so der beste Tormann der Serie-A-Saison 1997/98.

Das ist von der Papierform auch wenig überraschend. Eventuell könnte die ÖFB-Truppe unterschätzt werden. Konsel glaubt das nicht: "Sie haben eine extrem hungrige Mannschaft, die was erreichen will und auf einer absoluten Erfolgswelle schwimmt." Schwachpunkt könne er keinen ausmachen. Auch deshalb gehe die ÖFB-Auswahl gegen einen "vermeintlich übermächtigen Gegner" wie zu seiner aktiven Zeit als "krasser Außenseiter" in die Partie. "Das ist aber eine Riesenchance, weil wir nur gewinnen können. Die Außenseiterrolle kann enorm viel bewirken", ist sich der Ex-Rapidler sicher.

"Im Fußball ist alles möglich"

Hinzu komme das "Riesenselbstvertrauen", da man mit dem Aufstieg ins Achtelfinale das eigene Ziel erreicht habe. "Ich habe mich von Anfang an festgelegt, dass Italien mein Topfavorit ist, aber es kann sein, dass der gegen uns scheitert. Im Fußball ist alles möglich, daran müssen alle Spieler glauben und die PS auf den Platz bringen", so der Ex-Goalie.

Dazu zählt auch Daniel Bachmann, der vor der EM aus dem Nichts zur neuen Nummer eins aufgestiegen ist. "Die Konkurrenz hat geschwächelt, da hat sich keiner aufgedrängt, und dann hast du da einen, der vollgepumpt ist mit Selbstvertrauen nach einer super Saison samt Aufstieg in England. Das war schon einen Versuch wert, und man hat auf den Richtigen gesetzt", resümierte Konsel. Der Watford-Legionär habe immer sehr viel Ruhe und Sicherheit ausgestrahlt. "Es gibt eigentlich nichts auszusetzen, er war ein Ruhepol. Alles, was er gemacht hat, hat Hand und Fuß gehabt."

Aktuell stelle Bachmann daher einen "guten Rückhalt" da. "Das ist einmal wichtig, das hat uns eh gefehlt. Für die Frage, ob er über Jahre die Nummer eins sein wird, ist es aber ein bisschen zu früh", meinte der 43-fache ÖFB-Teamtorhüter, der dem Spiel am Samstag entgegenfiebert. (APA, 24.6.2021)