Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Africrypt-Anleger ihre Krypto-Assets nicht mehr zurückbekommen.

Foto: Imago Images/Alexander Limbach

Die Kryptowährungswelt steht möglicherweise vor dem bisher größten Verlust durch eine Börsenplattform. Wenige Monate nach einem angeblichen Hack sind die Betreiber von "Africrypt" – die Brüder Ameer und Raees Cajee – offenbar abgetaucht. Mit ihnen könnten Bitcoin im Gegenwert von rund 3,6 Milliarden Dollar (circa drei Milliarden Euro) verschwinden.

Die Turbulenzen und Merkwürdigkeiten rund um Africrypt hatten im April begonnen. Damals hatten die beiden Gründer den Investoren auf ihrer Börse mitgeteilt, dass man gehackt worden sei. Nutzer konnten nicht mehr auf ihre Krypto-Assets zugreifen, und man bat darum, nicht die Behörden einzubeziehen, da dies die "Wiederbeschaffung" besagter Assets verlangsamen könnte.

Doch die Behörden sind bislang ohnehin keine große Hilfe. Besorgte Anleger informierten sie über die Vorgänge, aber da Bitcoin und andere Kryptowährungen in Südafrika nicht als Finanzprodukt anerkannt sind, konnte bisher keine offizielle Untersuchung eingeleitet werden.

Private Ermittlungen laufen

Eine Gruppe von Investoren versucht seit geraumer Zeit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und hat die Kanzlei Hanekom Attorneys damit beauftragt, der Sache auf den Grund zu gehen. Die bisherigen Ergebnisse der privaten Ermittlung wecken jedenfalls große Zweifel daran, dass es wirklich einen Hack gegeben hat.

Angestellte von Africrypt sollen bereits eine Woche vor dem Sicherheitsvorfall ihre Zugänge zu den Systemen der Plattform verloren haben. Weiters wurden die Kryptovermögen aus den direkt zur Börse sowie den für die Kunden angelegten Treuhand Wallets abgezweigt und in sogenannte "Tumbler" bzw. "Mixer" geschleust.

Zweifel an angeblichem Hack

Dabei handelt es sich um Dienste, die gegen Gebühr mit eigenen Wallets über eine längere Zeit eine große Menge einer Kryptowährung von einer Vielzahl von Sendern "ansammeln" und dann in zufälligen Intervallen wieder ausschütten – entweder wieder direkt an jene, die in den Pool eingezahlt haben, oder für weitere Runden in ein anderes Wallet für "Mixing". Damit soll die Nachverfolgbarkeit von Geldflüssen trotz Transaktionsvermerken in der Blockchain stark erschwert werden, weswegen diese Dienste in Verdacht stehen, nicht nur für legitime Anonymisierung genutzt, sondern häufig für Geldwäsche oder Terrorfinanzierung eingesetzt zu werden.

Kontakt zu den Cajee-Brüdern konnten die Anwälte nicht herstellen. Auch das Finanzportal Bloomberg, das der Sache nachging, versuchte, sie zu erreichen, landete aber letztlich nur bei deren Anrufbeantwortern.

Historischer Verlust droht

Sollte die Kanzlei nicht erfolgreich sein, sich Behörden aus anderen Ländern auch nicht einklinken oder die südafrikanischen Offiziellen weiter keinen Weg finden, um sich der Sache anzunehmen, so würde die Africrypt-Affäre zur bisher mit Abstand größten Kryptobörsen-Verlustgeschichte. Selbst bisherige große Ausfälle wirken dagegen vergleichsweise klein.

Der bisher "teuerste" Vorfall dürfte das dramatische Ende der kanadischen Plattform Quadriga CX gewesen sein. Dessen Gründer und Alleininhaber der Passwörter für die wichtigsten Wallets, Gerald Cotten, war auf einer Indien-Reise unerwartet verstorben. Versuche, an die notwendigen Daten zu kommen, scheiterten, damit war ein Kryptovermögen, das damals auf einen Gegenwert von bis zu 170 Millionen Euro geschätzt wurde, effektiv verloren.

Im Nachhinein geriet auch die Tätigkeit dieser Plattform in ein schiefes Licht. Eine auf Transaktions-Tracking spezialisierte Firma, Chainalysis, gab zu Protokoll, dass es ein "Mysterium" bleibe, was Quadriga eigentlich mit dem Geld getan habe, das die Plattform von seinen Kunden für Kryptoinvestitionen erhalten hatte. (gpi, 24.6.2021)