Die ORF-Digitalnovelle ist im Herbst 2022 zu erwarten: Kanzler-Medienbeauftragter Gerald Fleischmann referierte beim Zeitungsverband (hier in einer Aufnahme von den Medientagen 2020).

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Der Medienbeauftragte des Kanzleramts, Gerald Fleischmann, und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz referierten am Donnerstag bei der nicht öffentlichen Generalversammlung des Zeitungsverbands VÖZ in Wien. Mit einer Novelle des ORF-Gesetzes rechnet Fleischmann nach STANDARD-Infos im Herbst 2022, das bestätigte auch das Kanzleramt auf Nachfrage.

Die ORF-Novelle soll sich nach der Darstellung Fleischmanns beim VÖZ auf die Möglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt konzentrieren. Der ORF will Formate und Beiträge gezielt für online produzieren oder dort zuerst ausspielen können. Bisher müssen sie im Wesentlichen zuerst im klassischen TV laufen. Der Abruf von ORF-Inhalten ist auf sieben Tage nach Ausstrahlung beschränkt.

Die Digitalnovelle soll nach bisherigem Stand und nach Darstellung Fleischmanns keine weiteren Änderungen beinhalten. Seit langem wird eine Reform von ORF-Stiftungsrat und ORF-Publikumsrat diskutiert und gefordert. Auch in der ÖVP ist seit langem ein Vorstand statt des Alleingeschäftsführers Thema. Fleischmann erklärte zu solchen Überlegungen schon bisher: Sie stünden nicht im Regierungsprogramm; darauf müssten sich Kanzler und Vizekanzler gesondert verständigen. Auch eine Haushaltsabgabe statt der GIS sei nicht vorgesehen.

Alleingeschäftsführer ausgeschrieben

Am 10. August bestellt der ORF-Stiftungsrat mit einfacher Mehrheit den nächsten ORF-Generaldirektor oder die nächste ORF-Generaldirektorin als Alleingeschäftsführer/in. Die Funktion wird am 30. Juni ausgeschrieben. Am 27. Juli endet die Bewerbungsfrist. Bis 3. August 12 Uhr mittags können Stiftungsräte noch Kandidatinnen und Kandidaten nachnominieren. Bis 6. August können sie (bis 3. August kundgetane) Bewerberinnen zum Hearing vor dem Stiftungsrat einladen, das vor der Abstimmung am 10. August stattfindet.

Medienpolitik-Programm

Der Medienbeauftragte im Kanzleramt und sein Stab arbeiten derzeit zudem etwa an Folgendem:

  • Neue Digitaltransformationsförderung Die Digitalisierungsförderung für klassische Medienunternehmen von geplant 15 Millionen pro Jahr (heuer plus 19 noch nicht ausgeschüttete Millionen aus 2020) ist noch in der Vorbegutachtung durch die EU, ob sie die Wettbewerbsbedingungen der Union erfüllt. Könnte im Sommer ins Parlament kommen.
  • Medienfonds 2022/23 Wie die 2020 eingeführte Digitalsteuer auf Werbung bei internationalen Tech-Plattformen wie Google/Youtube und Facebook, aus der auch die Digitalförderung gespeist wird, plant die Regierung eine Abgabe oder nationale Produktionsverpflichtung für internationale Streamingplattformen, Arbeitstitel Medienfonds. Der Fonds soll nach bisherigen Angaben österreichische Bewegtbildproduktionen, vor allem Fiction, fördern, vergleichbar etwa dem Fernsehfonds Austria. Mit diesem Medienfonds rechnet Fleischmann 2022/23.
  • "Wiener Zeitung" Zur republikseigenen Zeitung referierte der Medienbeauftragte laut Ohrenzeugen im Wesentlichen bisherige Ankündigungen des Kanzleramts: Bis Ende 2022 solle sich nichts ändern an den Pflichteinschaltungen für Unternehmen. Das Medium solle sich zu einem "Schwarzen Brett" der Republik entwickeln, wie schon Kanzler Sebastian Kurz in einer Anfragebeantwortung erklärt hat. Der Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Walter Hämmerle, hat wie berichtet ein Konzept ausgearbeitet und will einen strategischen Partner – kolportiert: aus der Industriellenvereinigung – präsentieren. Konzepte von Geschäftsführung und Kanzleramt sollen nach unbestätigten STANDARD-Infos zudem Aufgaben für die Wiener Zeitung GmbH als Ausbildungsredaktion, als Online- und Wochen- oder Monatspublikation und als Contentagentur enthalten.
  • Regierungswerbung Kritik gab es laut Sitzungsteilnehmern beim Zeitungsverband am öffentlichen Inseratenvolumen für Gratiszeitungen. Bisher werden Regierungsinserate laut Kanzleramt nach einer (über die Jahre umgewichteten) Kombination aus Auflagen und Reichweiten vergeben. Auf Nachfrage soll Fleischmann erklärt haben, dass man bereits begonnen habe, Online-Nutzungsdaten einzubeziehen, und dass dies wohl geboten sei.
  • Urheberrecht (Ergänzung) Zum Urheberrecht/Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen gegenüber Plattformen wie Google und Facebook soll Fleischmann erklärt haben, man tendiere nun zum australischen Modell. Dort stellte die Regierung die Plattformen auf der Basis des Wettbewerbsrecht vor die Alternative, sich mit den Medienhäusern über Vergütungen zu einigen, oder diese vorgeschrieben zu bekommen.

Erste Bilder vom Player

ORF-General Alexander Wrabetz zeigte den Verlegern erste Visualisierungen der geplanten ORF-Streamingplattform ORF-Player. Neuerlich betonte er die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen Medienhäusern, etwa bei einem gemeinsamen Login (nun über die APA geplant) und gemeinsamer Werbevermarktung. (fid, 25.6.2021)