An der Universität Wien studieren rund 90.000 Personen, zur Wahl der Hochschulvertretung gingen im Mai rund 12.400.

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An der größten Hochschule des Landes hat sich am Freitag eine neue Koalition in der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH) gebildet. Der Verband sozialistischer Student_innen (VSStÖ) will die kommenden zwei Jahre mit dem Kommunistischen Student_innenverband – Linke Liste (KSV-Lili) die Studierendenpolitik lenken. Der VSStÖ ging bei der Wahl im Mai als klarer Sieger mit rund 35 Prozent der Stimmen hervor, der KSV-Lili konnte den eigenen Anteil fast verdoppeln und kam auf rund zwölf Prozent.

In Prozenten reicht das zwar nicht für eine gemeinsame Mehrheit, sehr wohl aber in Mandaten. Denn die elf roten und drei dunkelroten Sitze – in Summe 14 – reichen aus, um in der 27-köpfigen Hochschulvertretung ein hauchdünnes Übergewicht zu haben.

Die Grünen und Alternativen Student_innen (Gras) zeigen sich in einer Reaktion empört, dass sie bei der Koalitionsbildung diesmal übergangen wurden. Man habe wieder eine breite linke Koalition verhandeln wollen, sei jedoch von VSStÖ und KSV-Lili ausgebootet worden.

Gras ortet Machtspiele des VSStÖ

Die Wiener Gras-Spitzenkandidatin Maria Yoveska attackiert die sozialistische Fraktion: "Ein gutes Leben für alle erreichen wir nur mit breiten politischen Bündnissen. Dem VSStÖ sind die politischen Ziele jedoch offenbar egal, so ging es in den Verhandlungen nur um den roten Machterhalt."

Auch der kleine kommunistische Koalitionspartner, zu dem die Gras in Wien eigentlich zuletzt ein Naheverhältnis pflegte, bekommt sein Fett ab: "Dass der KSV-Lili die Machtspiele des VSStÖ jetzt mitspielt, ist besonders erschütternd. Während sie sich im Laufe der Verhandlungen ebenfalls für ein breites Bündnis stark gemacht haben, sind sie in letzter Sekunde offenbar doch noch umgefallen." Die Gras hat bei der Wahl sechs Prozentpunkte eingebüßt und kam auf rund 22 Prozent beziehungsweise sechs Mandate.

Allerdings hat schon in der jüngeren Vergangenheit die etablierte Wiener Dreierkoalition aus VSStÖ, Gras und KSV-Lili nicht immer funktioniert. Im Mai 2020 hat man sich mit wüsten gegenseitigen Anschuldigungen zerstritten, vordergründig ging es dabei um die Dotierung des ÖH-Sozialtopfs zur Abfederung finanzieller Nöte von Studierenden rund um den ersten Lockdown im Frühjahr.

Toma Khandour Chefin der ÖH Uni Wien

Die nunmehr am Freitag gegründete Zweierkoalition wird von der 22-jährigen Politikstudentin Toma Khandour (VSStÖ) angeführt. Der VSStÖ stellt mit Hannah Müllner auch eine Stellvertreterin, die zweite Vize-Chefin stammt vom KSV-Lili. Es handelt sich um die 26-jährige Jessica Gasior, die für ihre Fraktion bundesweite Spitzenkandidatin bei der ÖH-Wahl war.

Neue Vorsitzende der ÖH Uni Wien ist VSStÖ-Aktivistin Toma Khandour (rechts). Eine ihrer Stellvertreterinnen ist Jessica Gasior (links) vom Koalitionspartner KSV-Lili.

Zu ihren Vorhaben schreibt die neue Exekutive der ÖH Uni Wien in einer Aussendung: "Wichtige Projekte in den nächsten zwei Jahren werden die Kritischen Einführungstage, eine Kampagne zur Bekämpfung der Prekarität, ein Antirassismus-Kongress und eine Kampagne gegen Diskriminierung an der Hochschule sowie die Einführung eines Psychotherapie-Topfs, die Weiterführung des Sozialtopfs und stundenweise Kinderbetreuung sein." (ta, 25.6.2021)