Die Gashülle der Erde ist eine hauchdünne Schicht. Die Stratosphäre – von der Erdoberfläche aus gesehen das zweite "Stockwerk" der Atmosphäre – ist heute rund 400 Meter dünner als in den 1980er-Jahren.

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Vom All aus gesehen bildet die Atmosphäre der Erde eine schmale Schicht zwischen der Erdoberfläche und dem interplanetaren Raum. Obwohl die sogenannte Kármán-Linie in 100 Kilometern Höhe als von der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) festgelegte theoretische Grenze zum Weltraum allgemein anerkannt ist, reicht die immer dünner werdende Gashülle unseres Planeten mehrere Tausend Kilometer ins All hinaus. Für das unmittelbare Wettergeschehen relevant sind freilich nur die ersten sieben bis zehn Kilometer. Warm ist es auch dort nur ganz unten, nach oben hin nehmen die Temperaturen rasant ab.

Auf diese Troposphäre genannte hauchdünne Schicht folgt die Tropopause, eine wichtige Grenzfläche der Erdatmosphäre. Unmittelbar darüber liegt die Stratosphäre. Hier nimmt die Temperatur im Durchschnitt mit steigender Höhe wieder zu, wofür vor allem das Ozon verantwortlich ist, das UV-Strahlung der Sonne absorbiert und in Wärme umwandelt.

Einflüsse über die Troposphäre hinaus

Obwohl die anthropogenen Treibhausgase hauptsächlich in der Troposphäre ihre schädliche Wirkung entfalten, haben sie auch einen deutlichen Einfluss auf die Stratosphäre, wie ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung nun nachgewiesen hat: Diese ist nämlich heute rund 400 Meter dünner als in den 1980er-Jahren. Die Wissenschafter warnen, dass die Stratosphäre bis 2080 um weitere 1,3 Kilometer schrumpfen wird, wenn der Trend zu steigenden Emissionen unvermindert anhält.

Die Troposphäre wird durch das seit der industriellen Revolution zunehmende Kohlendioxid und dem damit verbundenen verstärkten Treibhauseffekt immer wärmer und dehnt sich aufgrund der Erwärmung aus. Als man das Anfang der 2000er-Jahre herausfand, wurde die Hypothese aufgestellt, dass sich in Folge die im Schnitt rund 40 Kilometer dicke Stratosphäre zusammenziehen sollte. Dass dies tatsächlich geschieht, konnte nun bewiesen werden.

Konzentrierte Stratosphäre

Die Wissenschafter um Petr Pisoft von der Universität Prag haben für ihre im Fachjournal "Environmental Research Letters" veröffentlichte Studie sogenannte Reanalysedaten untersucht, in denen verschiedene globale meteorologische Datensätze und Modelle zusammenfließen. Sie fanden darin Beweise für eine erhebliche Kontraktion der Stratosphäre in den vergangenen Jahrzehnten, wie die Forscher in ihrer Arbeit schreiben.

Demnach ist die Ausdehnung der Stratosphäre zwischen 1980 und 2018 mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 Meter pro Jahrzehnt geschrumpft. Die Modelle der Forscher prognostizieren eine Kontraktion um weitere 1,3 Kilometer bis 2080, was einem Rückgang von 3,7 Prozent gegenüber der mittleren Stratosphärendicke von 1980 bis 2018 entspricht.

Die Forscher gehen davon aus, dass diese Schrumpfung auch schon vor den 1980er-Jahren stattgefunden hat und der gesamte Rückgang wahrscheinlich größer als die bisher beobachteten 400 Meter ist. Allerdings gibt es aus der Zeit vor 1980 nicht genügend Daten aus so großer Höhe, um dies zu verifizieren.

Erwärmung unten, Kühlung oben

Hintergrund der Kontraktion sind die unterschiedlichen Auswirkungen von Kohlendioxid in den verschiedenen Atmosphärenschichten: Während das Treibhausgas in der Troposphäre maßgeblich zur Aufheizung beiträgt, hat es in der Stratosphäre den gegenteiligen Effekt: dort führt es zur Abkühlung. Zum Anstieg der CO2-Konzentration kommt zugleich auch noch eine Ausdünnung der Ozonschicht. Durch die Wirkung beider Effekte sind die stratosphärischen Temperaturen in den vergangenen drei Jahrzehnten um rund drei Grad Celsius gesunken.

"Steigende CO2-Konzentrationen kühlen die Stratosphäre, da die Emission von Wärmestrahlung in Richtung Weltall verstärkt wird. Und der Ozonverlust kühlt die Stratosphäre zusätzlich, da weniger eingehende solare UV-Strahlung absorbiert wird", erklärte Harald Rieder, Vorstand des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur (Boku) und Mitautor der Studie.

Folgen für Satelliten

Weil sich die Troposphäre durch die Erderwärmung ausdehne, verschiebe sich auch die Tropopause nach oben, wo der Luftdruck niedriger ist. "Oberhalb der Tropopause verhält es sich genau umgekehrt, die Abkühlung trägt maßgeblich zur Schrumpfung der Stratosphäre bei und die Stratopause (der Grenze zur nächsthöheren Atmosphärenschicht, der Mesosphäre, Anm.) sinkt", so Rieder.

Abgesehen davon, dass es bemerkenswert ist, dass immer noch bisher unbekannte Auswirkungen des Klimawandels entdeckt werden – die Wissenschafter schlagen vor, die Mächtigkeit der Stratosphäre als weiteren Indikator für den Klimawandel heranzuziehen –, könnte das Phänomen handfeste Folgen haben: Die Verschiebung der atmosphärischen Schichten könnte auch – noch im Detail zu untersuchende – Auswirkungen auf die Flugbahnen und Lebensdauer von Satelliten, die Ausbreitung von Radiowellen und die Genauigkeit globaler Positionierungssysteme wie GPS haben, betonen die Studienautoren. (red, APA, 25.6.2021)