Max Verstappen rast am Sonntag um seinen dritten Sieg in Spielberg – und um die WM-Führung.

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Helmut Marko muss eine unglaubliche Kondition haben. Seit 2014 absolvierte Red Bulls Motorsportberater einen frustrierenden Dauermarathon, der bei einem 78-Jährigen unter Folter fällt. "Sieben Jahre sind wir Mercedes hinterhergehechelt", sagt Marko. Aber: "Jetzt läuft es" – pünktlich vor den beiden Heimrennen in Spielberg.

Denn sein Schützling Max Verstappen hat als Weltmeisterschafts führender vor dem Grand Prix der Steiermark am Sonntag (15 Uhr, Servus TV) zwölf Punkte Vorsprung auf Serien-Weltmeister Lewis Hamilton. Das ist nicht viel, aber die essenzielle Botschaft nach sieben Saisonrennen lautet: Red Bull Racing hat in dieser Saison eine echte Chance auf den Titel.

Die Serien

Die letzten drei Bewerbe gingen allesamt an den Rennstall von Dietrich Mateschitz. In Monaco und Frankreich siegte Verstappen, in Aserbaidschan dessen Teamkollege Sergio Perez. So eine Serie gelang den Bullen seit 2013 nicht mehr. Damals triumphierte Sebastian Vettel sogar in den letzten neun Rennen der Saison. Davon konnte Red Bull in den Jahren darauf nur träumen.

2014 läutete ein neues Motoren Reglement die Turbo-Hybrid-Ära ein. Seither räumte Mercedes alle WM-Titel ab. Kampfansagen der Konkurrenz gab es häufig, wirkliche Kämpfe aber nur selten, höchstens in einzelnen Rennen.

Aber heuer ist dies anders, jeder WM-Lauf nach dem Geschmack von Alfred Hitchcock. Red Bulls Honda-Motor hat aufgeholt. Aber, und das zeigte sich vor allem zu Saisonbeginn: Ein titelfähiges Auto ist nur Grundvoraussetzung, aber keine Garantie für Erfolg.

Zu sehen beim Auftakt in Bahrain, als Hamilton Pole-Mann Verstappen den Sieg abluchste und Marko danach sagte: "Um Mercedes zu schlagen, muss man perfekt sein." Ein Missverständnis wie in Spanien, als Verstappen zu früh zum Boxenstopp eilte und der Mechaniker deshalb zu spät mit dem Reifen dastand, passt da nicht rein. Jeder Fehler wird bestraft, und Hamilton gilt als alles andere als fehleranfällig. Und wenn er dann wie in Imola doch einmal im Kiesbett landet, rettet ihm die rote Flagge die Aufholjagd auf Platz zwei – Schadensbegrenzung.

Strategie und Druck

Aber auch in Strategiefragen hat sich Red Bull in dieser Saison herangepirscht. Und siehe da, mit dem Druck fängt auch Hamilton zu patzen an. Bestes Beispiel: der GP von Baku Anfang Juni. Ein Reifenschaden kostete Verstappen den sicher geglaubten Sieg. Doch Hamilton leistete sich beim Restart nach den Aufräumarbeiten einen Bedienungsfehler und vergab die WM-Führung. In Frankreich, einer Mercedes-Hochburg, über rumpelte Red Bull den Konkurrenten mit derselben Reifenstrategie, mit der die Silberpfeile noch in Barcelona siegreich waren.

Dass der Mateschitz-Rennstall "auf den Geraden einfach zu schnell" gewesen sei, lässt Hamiltons Alarmglocken schrillen. Für seinen Boss Toto Wolff ist "der Wurm drin". Auch deswegen sagt Gerhard Berger über Verstappen: "Er ist reif für den Titel, weil er die Fähigkeiten, den Speed und die richtigen Werkzeuge dafür hat."

Für Wolff ist Red Bull nun auch in Spielberg der leichte Favorit. Dort gewann Verstappen bereits 2018 und 2019. Für den 23-Jährigen gibt es aber "für nichts eine Garantie". Danach fuhr er Bestzeit im ersten und zweiten Training. Mercedes-Mann Valtteri Bottas fabrizierte indes einen Dreher in der Boxengasse.

Das Momentum ist auf RB-Seite. Die Frage ist, wie lange. Marko will es beim Heim-GP auskosten. Sein Ziel? "50 Punkte", also zwei Siege, sagte Marko der Zeitung Österreich. "Mercedes schwächelt, dem Max liegt die Strecke. Und unser Honda Motor funktioniert hier besonders gut", begründet der 78-Jährige – und verspürt wohl die Euphorie nach dem quälenden Marathon. (Andreas Gstaltmeyr, 25.6.2021)

Ergebnisse der Freien Trainings für den Formel-1-Grand Prix der Steiermark in Spielberg vom Freitag:

2. Session: 1. Max Verstappen (NED) Red Bull 1:05,412 Min. – 2. Daniel Ricciardo (AUS) McLaren +0,336 – 3. Esteban Ocon (FRA) Alpine +0,378 – 4. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes +0,384 – 5. Fernando Alonso (ESP) Alpine +0,415 – 6. Sebastian Vettel (GER) Aston Martin +0,522 – 7. Lando Norris (GBR) McLaren +0,582 – 8. Lance Stroll (CAN) Aston Martin +0,667 – 9. Sergio Perez (MEX) Red Bull +0,677 – 10. Antonio Giovinazzi (ITA) Alfa Romeo +0,733 – 11. Carlos Sainz (ESP) Ferrari +0,735 – 12. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes +0,839 – 13. Charles Leclerc (MON) Ferrari +0,858. Weiter: 15. Yuki Tsunoda (JPN) AlphaTauri +1,039 – 20. Pierre Gasly (FRA) AlphaTauri ohne Zeit

1. Session: Max Verstappen (NED) Red Bull 1:05,910 Min. – 2. Pierre Gasly (FRA) AlphaTauri +0,256 Sek. – 3. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes +0,422 – 4. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes +0,476 – 5. Yuki Tsunoda (JPN) AlphaTauri +0,487 – 6. Fernando Alonso (ESP) Alpine +0,609 – 7. Esteban Ocon (FRA) Alpine +0,641 – 8. Lance Stroll (CAN) Aston Martin +0,674 – 9. Antonio Giovinazzi (ITA) Alfa Romeo +0,704 – 10. Charles Leclerc (Ferrari) +0,719 – 11. Carlos Sainz (ESP) Ferrari +0,720. Weiter: 13. Sergio Perez (MEX) Red Bull +0,786