STANDARD: Sie sagen, Sie haben 40 verschiedene Jobs gemacht, bis Sie den gefunden haben, der passt. Wie findet man den richtigen Job?

Mahlodji: Ein bisschen wie die Liebe: Du kannst nicht einmal in den Club gehen und erwarten, dass du sie findest. Du musst gebrochene Herzen in Kauf nehmen, dich mit dir auseinandersetzen. Für den Job heißt das: Bis 30 musst du nicht perfekt wissen, was du im Leben willst, sondern erkennen, wer du bist. Wir haben heute so viele Möglichkeiten, aber wenig Zeit oder Möglichkeit, uns auszuprobieren. Das ist aber wichtig. Nur so merkst du, ob du Excel-Tabellen befüllen oder Youtuber werden willst. Das können Ferialjobs sein, Vereinsarbeit, Essensausgabe, Projekte mit Freunden, Kellnern oder der Job im Verkauf. Da lernst du, mit Menschen und Rückschlägen umzugehen, sammelst Kontakte für später.

Ali Mahlodji: "Wir haben heute so viele Möglichkeiten, aber wenig Zeit oder Möglichkeit, uns auszuprobieren. Das ist aber wichtig."
Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Und dann?

Mahlodji: Wer Engagement zeigt, bleibt in Erinnerung und bekommt oft irgendwann ein Angebot. Beim Bewerben solltest du hartnäckig bleiben: Viele geben nach 20 Anschreiben auf. So viele sollte man pro Tag schreiben – und nachfragen, warum es nicht geklappt hat. So fällst du auch auf: Ich habe Jobs erhalten, weil ich um Feedback gebeten habe.

STANDARD: Wenn man sich entscheiden muss, ob Lehre, Schule oder Studium: Was raten Sie?

Mahlodji: Wer mit 14 nicht weiß, was er tun will, dem rate ich eine Lehre. Du lernst Praxis, verdienst Geld, kannst maturieren und studieren. Wer aus Interesse an die Uni will, sollte das durchziehen, aber ehrlich bleiben und einen Deal schließen: wenn es nicht passt, was anderes machen – ohne schlechtes Gewissen.

STANDARD: Und wenn die Eltern das anders sehen?

Mahlodji: Niemand weiß, wie die Jobwelt in Zukunft wirklich aussieht. Auch Eltern nicht, die oft wollen, dass die Kinder einen sicheren Job haben. Da solltest du den Satz lernen: "Ich weiß, dass ihr das aus Liebe tut, aber das ist mein Leben, und ich möchte, dass ihr mir zutraut, selbst zu entscheiden und meine Fehler zu machen."

STANDARD: Was passiert, wenn wir unsere Potenziale nicht entfalten können?

Mahlodji: Viele merken erst mit 40, dass sie nur die Wünsche der Eltern gelebt haben. Dafür zahlt man einen Preis: mit körperlichen oder psychischen Beschwerden, mit einer Depression. (Selina Thaler, 6.7.2021)