Isabella Habersam (26), Tobias Kirchebner (26) und Julia Kainrath (21) wohnen und arbeiten derzeit in Wien.
Foto: Reiner Riedler

Die Pandemie traf sie als eine der Ersten: die Jungen. Die Hochschulen und Oberstufen waren die längste Zeit im Distanzmodus, Nebenjobs und Lehrstellen wurden gestrichen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist stark gestiegen, die soziale Ungleichheit größer geworden. Ganz zu schweigen davon, dass die Jungen vieler wertvoller Erfahrungen beraubt wurden. Keine Reisen, Partys, Auslandssemester oder Praktika.

Doch die Jungen zeigen sich trotz allem zuversichtlich: Rund drei Viertel der jungen Bevölkerung sind im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrem Leben. Dennoch hat die Pandemie bei vielen Unsicherheit geschürt und das Level der Zufriedenheit ist leicht gesunken. Zu diesen Ergebnissen kam die Studie Junge Deutsche/Schweizer:innen/Österreicher:innen 2021, die der Trend- und Jugendforscher Simon Schnetzer erstmals auch in Österreich durchgeführt hat. An der repräsentativen Online-Umfrage haben Ende des letzten Jahres 1001 Personen in Österreich zwischen 14 und 39 Jahren teilgenommen.

Zur Unzufriedenheit trägt laut Schnetzer wesentlich bei, dass sich junge Menschen von der Politik weder in ihren Interessen berücksichtigt fühlen noch bei der konkreten Gestaltung ihrer Zukunft beteiligt werden. Am stärksten zeigt sich das in Bezug auf die finanzielle Situation, die psychischen Gesundheit und die Balance zwischen Arbeit oder Ausbildung und Freizeit. Wie geht es nun den jungen Menschen während und nach der Ausbildung? Und wie liefen die Jobsuche und der Einstieg in der Pandemie? Wir haben fünf von ihnen gefragt.

Julia Kainrath (21): Bachelor Eventmanagement

"Es wird so getan, als könnten wir das Jahr einfach wegstecken."
Reiner Riedler

Eigentlich wollte Julia Kainrath im fünften Semester ein Auslandssemester in Taiwan machen, im sechsten Semester ein Pflichtpraktikum im Eventbereich. Eigentlich, denn Corona-bedingt konnte sie die Pläne nicht umsetzen. Nun steht sie kurz vor dem Abschluss ihres Bachelors in Eventmanagement an der FH Kufstein. Im Dezember hat sie deshalb begonnen, nach Jobs in Wien zu suchen. "Ich habe alle meine Wunschvorstellungen beiseitegeschoben und mich für unterschiedliche Stellen beworben", erzählt sie. Bis Februar habe die 21-Jährige an die 100 Bewerbungen verschickt. Da die Jobsuche wenig erfolgreich war, hat sie im Jänner kurzerhand einen Diplomlehrgang in Digital Marketing absolviert. Seit drei Monaten ist sie nun Marketing-Praktikantin bei einem Wiener Start-up. Nebenbei betreut sie die Marketingaktivitäten für den österreichischen Hochschulsport. Ein Ersatz für Kainraths Traumpraktikum ist das jedoch nicht: "Es wird so getan, als könnten wir das einfach wegstecken. Und das, obwohl uns so vieles verloren geht: vom Auslandssemester bis zum Studienabschluss oder dem Berufseinstieg." In Zukunft will sie ins Eventmanagement. Seit den Lockerungen sehe es am Jobmarkt auch schon besser aus.

Lukas Neuhold (25): Lehrer aus Graz

"Jetzt kann es nur noch besser werden."
J.J. Kucek

"Ich habe das außergewöhnlichste Berufsjahr wohl schon hinter mir", sagt Lukas Neuhold über seinen Berufseinstieg. Der Grazer unterrichtet seit Herbst 2020 Englisch und Spanisch an einer Mittelschule in der Steiermark. Sein Masterstudium Lehramt macht er nebenbei fertig. Das Distance-Learning an der Uni habe wegen seiner Berufstätigkeit eher positive Seiten. "Es lässt sich mit dem Unterrichten sehr gut vereinbaren", sagt der 25-Jährige. Das Ankommen im neuen Job habe trotz der Umstände ganz gut geklappt. Das Schuljahr begann mit Maske und Selbsttests vor Ort, und seine Kolleginnen waren eine wichtige Stütze für den Start, erzählt Neuhold. "Im Distanzmodus hat der persönliche Austausch schon gefehlt. Und den Berufseinstieg habe ich mir auch anders vorgestellt", sagt er. Dass er Lehrer werden will, wusste er bereits, als er noch zur Schule ging: "Ich wollte immer etwas mit Sprachen machen. Nach einem Praktikum in der Summer-School in Schottland hat sich der Berufswunsch verfestigt." Derzeit arbeitet er wieder offline. Digitale und interaktive Elemente sollen aber weiterhin Teil seines Unterrichts bleiben. Auf das nächste Schuljahr blickt Neuhold optimistisch: "Jetzt kann es nur noch besser werden."

Isabella Habersam (26): Gelernte Hotel- und Gastgewerbeassistentin

"Ich mache das Beste aus der Situation."
Reiner Riedler

"Es hat sich angefühlt wie ein geplatzter Traum, auf den ich die letzten Jahre hingearbeitet habe", erzählt Isabella Habersam. Im September 2019 hat sie ihre Lehre zur Hotel- und Gastgewerbeassistentin abgeschlossen, um überall auf der Welt arbeiten zu können. Zu ihrem Traumjob ist die 26-Jährige über ein Praktikum in einem Hotel auf Zypern gekommen: "Das hat meine Leidenschaft geweckt. Daraufhin habe ich mein Studium der deutschen Philologie abgebrochen und 2017 die Lehre begonnen." Im Frühling 2020 hatte sie einen Job in Italien in Aussicht – den sie wegen Corona nie antreten konnte. Im Sommer arbeitete sie in der Gastronomie in Wien, kurz vor dem zweiten Lockdown im Herbst war sie wieder ohne Job. Nach einem Zwischenstopp im Verkauf ist sie seit April in einem Callcenter und froh, einen festen Arbeitsplatz zu haben. Von ihrem Berufswunsch ist sie nicht abgekommen: "Derzeit mache ich das Beste aus der Situation. Ich kann es aber kaum erwarten, wieder meiner Leidenschaft nachzugehen."

Tobias Kirchebner (26): Produktentwickler in Wien

"Ich habe keinen Vergleich zur Zeit vor Corona."
Reiner Riedler

Wie viele andere ist Tobias Kirchebner im Februar komplett remote ins Berufsleben gestartet. Er arbeitet als digitaler Produktentwickler in einem zehnköpfigen Team an einer neuen Online-Plattform. Den Beginn der Pandemie hat er während des Auslandssemesters in den USA miterlebt: Da sei ihm klar geworden, dass er nach Österreich zurück möchte. Den Master in Wirtschaftsinformatik hat er im Herbst in Innsbruck abgeschlossen. Im Oktober begann dann die Jobsuche in Wien. Für den Umzug hat sich der 26-Jährige wegen besserer Jobperspektiven entschieden. Trotz Corona gab es für ihn viele passende Stellen: "Es hat sich fast so angefühlt, als hätte es die Pandemie nie gegeben", sagt er. Aber: "Ich habe keinen Vergleich zur Zeit vor Corona – auch nicht beim Berufseinstieg." Das Ankommen im Job sei ihm zwar nicht schwergefallen, aber eine Sache vermisst er dennoch: den persönlichen Austausch mit Kollegen. In den nächsten Wochen und Monaten hofft Kirchebner, sein Team im Büro besser kennenzulernen.

Eva Nachbagauer (24): Bachelor Bauingenieurswissenschaften

"Ich lerne im Job noch viel Neues dazu."
Foto: J.J. Kucek

Es kam für Eva Nachbagauer nicht mehr länger infrage, den Unialltag allein vor dem Bildschirm zu verbringen. Seit Ende Februar arbeitet sie deshalb in einem technischen Büro und macht nebenbei den Master in Konstruktivem Ingenieurbau an der TU Graz. "Mir war es wichtig, wieder mehr aus dem Haus zu kommen und Berufserfahrung zu sammeln, auch wenn das bedeutet, dass ich bei meinem Studium nicht so schnell vorankomme", sagt sie. Vor ihrem aktuellen Job hat die 24-Jährige in den vergangenen Jahren erste Joberfahrungen in Sommerpraktika gesammelt. Dabei sei es ihr aber oft so vorgekommen, als sitze sie nur die Zeit ab statt Praxis zu erwerben. Ihr letztes Ferialpraktikum im Sommer 2020 wurde Corona-bedingt abgesagt. "Man muss schon Glück haben, um ein gutes Praktikum zu bekommen", sagt sie. Im neuen Job fühlt sie sich gut angekommen. Ihr gefällt, dass sie selbstständig an Projekten arbeiten kann und der Arbeitsalltag abwechslungsreich ist. Sie arbeitet sowohl im Büro oder Homeoffice als auch auf der Baustelle. "Es gibt aber – wie in vielen Bereichen – einen Unterschied zwischen den breitgefächerten Studieninhalten und der praktischen Arbeit. Ich lerne noch viel dazu", sagt die angehende Ingenieurin. (Anika Dang, 29.6.2021)