Es war eine der überraschenderen Aussagen im türkis-grünen Regierungsprogramm: Österreich soll bis 2040 klimaneutral werden. Immerhin hat sich die Regierung damit ein deutlich höheres Ziel gesetzt, als es etwa auf EU-Ebene vereinbart wurde. Doch was Wien vorgibt, ist nicht gleich Programm im Rest Österreichs: In den Bundesländern gibt es andere Vorstellungen darüber, wann in Österreich die Netto-Null erreicht werden soll. Das hat jüngst eine Abstimmung in Oberösterreich verdeutlicht.

Dort haben die Grünen im Landtag einen von der "Klimaallianz Oberösterreich" initiierten Antrag zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2040 eingebracht. Das Papier sieht unter anderem ein Treibhausgasbudget für das Bundesland vor, Zwischenziele sowie die Erarbeitung von konkreten Maßnahmen. "Die oberösterreichische Landesregierung wird ersucht, innerhalb von sechs Monaten unter Beteiligung der Öffentlichkeit einen Klimaschutz-Plan zu erstellen", heißt es in dem Antrag. Doch das grüne Ansuchen wurde abgelehnt – sowohl von FPÖ und SPÖ als auch von der Volkspartei.

Eine Steigerung des Anteils der Energie aus erneuerbaren Quellen soll Österreich unter anderem klimaneutral machen.
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Oberösterreichs Grüne reagierten auf das Nein der Schwarzen angesichts des gemeinsamen Ziels auf Bundesebene verwundert. Klubobmann Severin Mayr führt die Bremse der ÖVP auf die Koalition mit den Freiheitlichen zurück. Die Volkspartei befürworte Klimaneutralität bis 2040 in Oberösterreich, heißt es dort auf Nachfrage. Abgelehnt wurde nach Angaben eines Sprechers die Erarbeitung eines eigenen Plans für das Bundesland: "Es wurde im Landtag damit argumentiert, dass ein eigener Plan zu keinen Verbesserungen führen kann, ohne zu wissen, wie z. B. das Treibhausgasbudget auf die einzelnen Staaten oder Länder verteilt wird oder welche Bereiche ins Budget miteinfließen."Nicht nur in Oberösterreich ist die Frage des Wann in Sachen Klimaneutralität ein Thema, sondern auch in den anderen Bundesländern. Dort gibt es teils durchaus ambitionierte Ankündigungen, der Plan für deren Umsetzung ist jedoch nicht immer ganz klar. In manchen Bundesländern herrscht noch ein klimapolitischer Schlendrian.

In Wien hat die rot-pinke Regierung gleich zu Beginn der Koalition angekündigt, die Stadt bis 2040 klimaneutral gestalten zu wollen. Darüber hinaus soll ein CO2-Budget festlegen, wie viel Emissionen pro Jahr reduziert werden müssen, damit das Klimaziel erreicht wird. Zudem will Wien Klimachecks für Projekte und Maßnahmen im eigenen Wirkungsbereich etablieren.

Neue steirische Klimastrategie

In der Steiermark ist die Netto-Null mit 2050 festgeschrieben – "noch", wie es auf Nachfrage heißt: "Sobald der Zielpfad der Treibhausgasemissionen im angekündigten Klimaschutzgesetz festgelegt ist, wird die Steiermark die Bundesziele auf Landesebene übernehmen können", sagte SPÖ-Landesrätin Ursula Lackner. Derzeit werde die Klima- und Energiestrategie überarbeitet.

Anders klingt es in Vorarlberg. In dem westlichsten Bundesland ist nicht die Rede von der Netto-Null, sondern von Energieautonomie – und zwar bis 2050. Das Land unterstütze jedoch "die Intention des Regierungsprogramms des Bundes der Klimaneutralität 2040", wie es auf Nachfrage heißt. Vorgesehen ist eine Treibhausgasreduktion von 50 Prozent bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2005.

Auch in Tirol spricht man von Energieautonomie bis 2050 – das Land will den Energieverbrauch bis dahin bilanziell vollständig aus heimischen, erneuerbaren Energiequellen decken. In der Nachhaltigkeits- und Klimastrategie des Landes ist die Rede von einer "massiven Reduktion der Treibhausgasemissionen, im Einklang mit den Zielsetzungen des Bundes".

Auch in Salzburg weicht man von dem Bundesziel ab. Das Land will nach derzeitigen Plänen erst 2050 klimaneutral und energieautonom sein. Bis 2030 soll der Anteil der Treibhausgase um die Hälfte zurückgehen und der Anteil der erneuerbaren Energie auf 65 Prozent ansteigen, heißt es auf Nachfrage. Darüber hinaus sollen Öffis ausgebaut und der fossile motorisierte Individualverkehr reduziert werden.

Kein Netto-Null-Ziel

Klimaneutralität sei für Niederösterreich kein eigens beschlossenes Ziel, wie es aus der dortigen Landesregierung heißt. Das Bundesland will seinen Ausstoß bis 2030 um 36 Prozent reduzieren. Bis zu diesem Datum sollen in Niederösterreich zudem 10.000 neue "Green Jobs" entstehen, Erneuerbare ausgebaut und jeder fünfte Pkw elektrisch angetrieben werden.

Aus Kärnten heißt es, man unterstütze das Pariser Klimaziel und das Vorhaben der Bundesregierung. Die Strategie mit konkreten Zielvorgaben zur Netto-Null in Kärnten befindet sich laut einem Sprecher derzeit in Ausarbeitung und Abstimmung. Das Bundesland verfolge das Ziel einer CO2-neutralen Energieversorgung bei Strom und Wärme bis 2025 und einer CO2-neutralen Mobilität bis 2035. Langfristig soll der Anteil des motorisierten Individualverkehrs von 60 auf 40 Prozent gesenkt werden.

Im Burgenland ließ die SPÖ vor zwei Wochen mit einem neuen Ziel aufhorchen: Schon 2030, also zehn Jahre vor dem bundesweiten Ziel, soll das östlichste Bundesland die Klimaneutralität erreichen. Die Regierung will dabei vor allem auf den Ausbau von Erneuerbaren setzen. Vonseiten der Opposition kam prompt Kritik an den Plänen: Die Roten hätten nicht ausreichend Maßnahmen umgesetzt und geplant, um das frühe Ziel zu erreichen – allen voran im Verkehrssektor.

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Laut Umweltbundesamt emittieren Oberösterreich, Niederösterreich und die Steiermark den überwiegenden Teil der nationalen Emissionen (siehe Grafik). Das liegt unter anderem an den dort ansässigen Industriekonzernen. In Wien fallen trotz höherer Bevölkerungszahl weniger Emissionen an. Vor allem der Verkehrs- und der Gebäudesektor fallen in der Bundeshauptstadt schwer ins Gewicht. (Nora Laufer, 27.6.2021)