Das damals drei Monate alte Baby befand sich Anfang Dezember 2019 nach den Misshandlungen zeitweise in Lebensgefahr.

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Wien – In einem besonders schweren Fall von Kindesmisshandlung – ein drei Monate altes Baby war im Dezember 2019 mit lebensgefährlichen Hirnverletzungen in ein Wiener Spital gebracht worden – hat die Staatsanwaltschaft Wien die Ermittlungen eingestellt. Das gab Behördensprecherin Carmen Kainz am Montag bekannt. Gegen den Vater des Buben war wegen versuchten Mordes ermittelt worden, gegen die Mutter wegen Quälens bzw. Vernachlässigung eines Unmündigen.

Trotz umfangreicher Erhebungen habe sich nicht nachweisen lassen, wie dem Kind die Verletzungen beigebracht wurden und wer dafür verantwortlich war, erläuterte Kainz. Sowohl der Vater als auch die Mutter, die sich während der Schwangerschaft von dem Mann getrennt hatte, hätten in Abrede gestellt, mit Gewalt gegen das Baby vorgegangen zu sein. Trotz penibler Ermittlungen – es wurden zwei medizinische Gutachten eingeholt und mehrere Zeugen befragt, darunter eine Kinderärztin und eine Physiotherapeutin, die das Baby behandelt hatte – sei eine mögliche Täterschaft mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit am Ende "nicht zuordenbar" gewesen, sagte Kainz.

Typisch für Schütteltrauma

Laut gerichtsmedizinischen Gutachten wurden dem Baby Kopf- und Schädelverletzungen zugefügt, die typisch für ein Schütteltrauma sind. Sie waren zumindest eine Woche alt, als der Bub am 5. Dezember 2019 ins Spital gebracht wurde. Dort musste das Kind notoperiert werden. Erst kurz vor Weihnachten konnte der zu diesem Zeitpunkt knapp vier Monate alte Säugling aus dem künstlichen Tiefschlaf geholt werden. Nach dem Jahreswechsel konnte das Kind dann aus dem Spital entlassen werden. "Zur Frage, ob es Dauerfolgen geben wird, war eine Einschätzung zum Zeitpunkt der Gutachtenerstattung nicht möglich", meinte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft nun im Gespräch mit der APA.

Die Eltern des Buben hatten sich während der Schwangerschaft zerstritten und lebten getrennt. Die Mutter soll ihrem Ex-Mann nach der Geburt zunächst nicht erlaubt haben, seinen Sohn zu sehen. Erst Ende Oktober 2019 ließ sie dies zu. Ab diesem Zeitpunkt soll der Sohn einer bei der Wiener Polizei tätigen Vertragsbediensteten sein Kind dann jeden Abend bei seiner früheren Partnerin besucht haben. Dabei sei nie etwas vorgefallen, der Mann sei abgesehen von einem Abend, an dem das Baby durchgehend friedlich geschlafen habe, auch nie mit dem Kind allein in einem Raum gewesen, hatte sein – mittlerweile verstorbener – Anwalt Ende 2019 berichtet.

Der Vater wurde von der Mutter des Kindes jedoch belastet, er wanderte in U-Haft, wobei die Staatsanwaltschaft ihm sogar bedingten Tötungsvorsatz unterstellte. Der Unbescholtene bezichtigte wiederum die Mutter und versicherte, diese müsse seinen Sohn schwer verletzt haben.

Vater enthaftet

Anfang Februar 2020 gab dann das Wiener Oberlandesgericht (OLG) einer Haftbeschwerde des Mannes Folge. Entgegen der Annahme des Landesgerichts für Strafsachen war aus Sicht des OLG kein dringender Tatverdacht gegeben. Unter Verweis auf das gerichtsmedizinische Gutachten zu den Verletzungen des Kleinkinds kam das OLG zum Schluss, dass "ein Indiz für die Täterschaft" des Vaters vorliegt, aber "die Möglichkeit einer Täterschaft der Mutter" nicht ausgeschlossen werden könne. Der Vater wurde nach zweimonatiger U-Haft auf freien Fuß gesetzt.

Ob mit dem vor kurzem ergangenen Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft die strafrechtlichen Untersuchungen endgültig vom Tisch sind, ist nicht gesichert. Die Opfervertretung hat nach Informationen der APA eine Einstellungsbegründung angefordert, theoretisch kann beim Landesgericht für Strafsachen ein auf weitere Ermittlungen gerichteter Fortführungsantrag eingebracht werden. (APA, 28.6.2021)