Von 2002 bis 2016 saß Mohamedou Ould Slahi (gespielt von Tahar Rahim) in Guantánamo hinter Gittern. Denn er wurde mit der Al-Kaida in Verbindung gebracht.

Foto: Tobis Film GmbH

Lauthals und mit breitem Grinsen singt der Mann "Lalala" zu Bob Dylans The Man in me mit. Seine Zufriedenheit lässt nicht vermuten, dass er über 14 Jahre lang in Guantánamo inhaftiert war. Doch genau das hat Mohamedou Ould Slahi erlebt. Noch während seiner Gefangenschaft konnte er ein Buch veröffentlichen, das um die Welt ging. Auf diesem Guantánamo-Tagebuch basiert der Thriller Der Mauretanier, dessen Erzählung zwei Monate nach 9/11 einsetzt.

Bei einer Hochzeitsfeier wird Slahi (Tahar Rahim) zu einem Verhör mitgenommen, noch einmal wirft er im Rückspiegel einen Blick auf seine Mutter, die er nie wieder sehen wird. Drei Jahre später wird dieser Blick von der amerikanischen Anwältin Nancy Hollander (Jodie Foster) erwidert, die den Fall gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Teri Duncan (Shailene Woodley) übernimmt.

Als Ankläger wird der Militärstaatsanwalt Oberleutnant Stuart Couch (Benedict Cumberbatch, auch Produzent) eingesetzt, der bei dem Anschlag einen engen Freund verloren hat, aber auf einen gerechten Prozess pocht. So formt sich ein Dreieck aus Verteidigern, Ankläger und (offiziell nie) Angeklagtem.

Zweifel und Sympathie

Über zensierte Aktenberge hinweg versuchen beide Seiten den Überblick zu bewahren und Beweise für die (Un-)Schuld des Mauretaniers zu finden. An einem skurrilen Ort, in einem Souvenirshop in Guantánamo, treffen Hollander und Couch schließlich aufeinander. Regisseur Kevin Macdonald gelingt es, in der Kombination aus Erinnerungen, Indizien, Halluzinations- und Traumbildern ein Gefühl des Zweifels zu schüren und trotzdem die Sympathie völlig auf Slahis Seite zu ziehen.

Beklemmend eng ist der Ausschnitt, den die Kamera in Slahis Zelle zwischen absoluter Isolation und ständiger Beobachtung wählt. Nah am Gesicht des Gefangenen werden die unmenschlichen Foltermethoden von der Beibehaltung einer Stressposition und der dauerhaften Beschallung mit Heavy-Metal-Musik über stroboskopartiges Licht, Water-Boarding, Zwangsernährung, Schlafentzug und sexuellen Missbrauch bis hin zur Androhung von Gewalt gegen Familienmitglieder zur intensiven Erfahrung auch des Kinozuschauers.

Bob Dylan erfreut

Als Belohnung für sein erzwungenes Geständnis gibt es für Slahi dann Fastfood – ein "Geschenk", das auch die Anwältinnen bei ihrem Besuch ihrem Mandanten mitbringen dürfen. Beherzt wird man nach diesem Film lange nicht mehr in einen Burger beißen können. Im Abspann sind Originalaufnahmen von Slahi zu sehen, der sich an Bob Dylans Musik erfreut: The Man in me handle von ihm. Beeindruckend lebensbejahend und toll besetzt. (Katharina Stöger, 29.6.2021)