Delta sorgt in Südafrika gerade für eine weitere Corona-Welle. Die Variante wird sich wohl auch in den nächsten Wochen in Europa verbreiten.

Foto: APA / AFP / Emmanuel Croset

Es dauerte bis zum 10. Mai, ehe die Weltgesundheitsorganisation WHO die Delta-Variante vor allem wegen ihrer höheren Infektiosität als "besorgniserregend" einstufte. Damals hieß die Mutante allerdings noch B.1.617.2 oder "indische" Variante, weil sie zuerst im indischen Bundesstaat Maharashtra auftrat und auf dem Subkontinent Ende April für eine katastrophale Infektionswelle sorgte.

Die Delta-Variante weist je nach Zählung zumindest 13 Mutationen auf, die einige Eigenschaften des Virus und die Symptome nach einer Infektion leicht veränderten: Diese ähneln noch mehr einer starken Erkältung oder einer Sommergrippe, Geruchs- und Geschmacksverlust treten hingegen kaum mehr auf.

Mehr Viren im Mundraum

Offensichtlich führen Infektionen mit dieser Mutante zu einer stärkeren Virenlast im Mund-Rachen-Raum gleich zu Beginn der Infektion, was auch die höhere Infektiosität erklärt. Aktuell geht man davon aus, dass sie bis zu 60 Prozent ansteckender sein dürfte als die Alpha-Variante (B.1.1.7, die "britische" Mutante), die selbst schon deutlich infektiöser war als der sogenannte "Wildtyp".

Diese deutlich erhöhte Ansteckungsgefahr bereitet den Expertinnen und Experten auch die größten Sorgen. Nach Prognosen von Sharon Peacock Professorin an der Uni Cambridge und Chefin des britischen Sequenzierprogramms, wird Delta in den nächsten Wochen und Monaten vermutlich weltweit dominant werden. Die höhere Infektiosität erhöht auch die Impfquote, die notwenig ist, um Herdenimmunität zu erreichen.

Nicht "tödlicher"

Zudem scheint die Delta-Variante anteilsmäßig mehr Spitalsaufenthalte nötig zu machen, eine Studie geht gar von einer Verdoppelung der Fälle aus. Solche Aufschlüsse sind allerdings immer nur vorläufig und können sich ändern, wenn mehr Daten vorliegen. Die gute Nachricht aus Großbritannien, wo man besonders viele Informationen über die Delta-Variante gesammelt hat: Auch wenn die Behandlungen im Spital anteilsmäßig mehr werden, erhöht sich die Zahl letaler Verläufe durch Delta nicht.

Die zweite gute Nachricht ist, dass Impfungen gut gegen die Delta-Variante schützen, allerdings nur nach zwei Dosen. Nach nur einer Dosis beträgt der Schutz vor der Delta-Variante nur unter 40 Prozent. Er steigt aber nach der zweiten Impfung bei Comirnaty (Biontech/Pfizer) auf über 80 Prozent und bei Vaxzevria (Astra Zeneca) auf 60 Prozent. Eine volle Immunisierung dürfte zu jeweils deutlich über 90 Prozent vor einem Spitalsaufenthalt schützen.

WHO mahnt zur Vorsicht

Da in den meisten Teilen der Welt die Rate der doppelt geimpften Personen noch relativ gering ist, ergreift man in den meisten Ländern, in denen die Delta-Variante sich stark ausbreitet, auch die üblichen Maßnahmen zur Eindämmung. Und selbst den voll Immunisierten riet die WHO am Freitag dazu, weiterhin nicht auf das Masketragen völlig zu verzichten. Denn auch der Schutz durch zwei Stiche Comirnaty ist nicht perfekt – und auch solcherart Immunisierte können in Ausnahmefällen zu Überträgern der Delta-Variante werden.

Eine etwas erhöhte Gefahr könnte womöglich auch noch durch die Variante "Delta plus" drohen, die auch als "nepalesische" Mutante gilt. Sie hat zusätzlich die Mutation K417N eingebaut. Diese kommt auch in den Beta- und Gamma-Varianten vor (also der "südafrikanischen" und der "brasilianischen") und dürfte den Immunschutz etwas besser umgehen können. (Klaus Taschwer, 29.6.2021)