Gemeinschaftliche Ladestationen in Wohnhäusern werden die Zukunft sein, denkt man im Justizministerium. Doch man wolle auch "Pioniere" mit privaten Anlagen fördern.

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Der Entwurf für die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) ist nun im Begutachtungsverfahren. Wie berichtet, soll er für Wohnungseigentümer einige Erleichterungen bringen, wenn sie Änderungen an ihrem Nutzungsobjekt vorhaben.

Projekt stand vor dem Aus

Die Novelle sei allerdings schon "auf der Kippe" gestanden, berichtete Johannes Stabentheiner, Abteilungsleiter in der Zivilrechtssektion des Justizministeriums, vergangene Woche auf dem Bundestag der WKÖ-Immobilientreuhänder. Eigentlich gab es den Entwurf ja schon seit Herbst 2020, eine "rasche Einleitung eines Begutachtungsverfahrens" und ein Inkrafttreten zu Jahresbeginn 2021 waren geplant. Doch auf der politischen Ebene habe es sich "gespießt".

"Zusätzliche Regelungswünsche" habe es gegeben, doch deren Berücksichtigung hätte "zum Teil grundlegende Systemdiskussionen erfordert, wie sie vor der Schaffung des WEG 2002 geführt worden waren". Eine rasche Umsetzung wäre so nicht möglich gewesen, so Stabentheiner. "Das Projekt stockte für viele Monate."

"Neuer Drive" erst im Frühjahr 2021

Erst im Frühjahr 2021 kam dann ein "neuer Drive", es gab eine Sitzung der Arbeitsgruppe und dann auch die Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs samt Erläuterungen. "Dann kam es nochmals zur politischen Abstimmung, schließlich gab es die Freigabe zur Begutachtung." Und die läuft nun bis Mitte August.

Ja, nun scheint die Novelle also tatsächlich "auf Schiene zu sein", sagte Stabentheiner auf dem Bundestag. Politisch "verkauft" wurde sie von den zuständigen Ministerinnen Alma Zadić (Justiz) und Leonore Gewessler (Infrastruktur; beide Grüne) bisher stets unter dem Schlagwort "Right to plug", also dem Recht einzelner Wohnungseigentümer, eine E-Ladestation an ihrem Stellplatz anbringen zu dürfen. Von einem "wohnrechtlichen Klimapaket" zu sprechen, das wäre aber aus Sicht von Stabentheiner "ein bisschen großspurig".

"Passivität, Desinteresse nimmt zu"

Der Wohnrechtsexperte des Ministeriums erklärte, worum es bei den geplanten Änderungen geht. Grundsätzlich soll die eine große Maßnahme der Novelle – die Erleichterung bei Mehrheitsbeschlüssen von Eigentümergemeinschaften – (unter anderem) die Installation von Gemeinschaftsanlagen durch die Hausverwaltung erleichtern. Ein solcher Beschluss kann künftig auf Antrag eines Eigentümers oder der Hausverwaltung schon dann zustande kommen, wenn mindestens die Hälfte der an der Abstimmung teilnehmenden Eigentümer zustimmt. Als "Sicherheitspuffer" wird hier aber noch eingebaut, dass die zustimmenden Eigentümer gemeinsam auf mindestens ein Drittel aller Nutzungsanteile kommen müssen ("Drittelsockel").

Derzeit ist die Regelung noch so, dass eine Mehrheit unter allen vorhandenen Miteigentümern – also auch jene mitgezählt, die gar nicht an der Abstimmung teilnehmen – erreicht werden muss (was natürlich auch künftig ein gültiger Beschluss wäre). Man habe in den vergangenen Jahren aber festgestellt, dass "die Passivität, das Desinteresse" der Wohnungseigentümer an Eigentümerversammlungen zunehme, so Stabentheiner. Was zweifellos auch daran liegt, dass viele Eigentümer ihre Wohnungen vermieten. Deshalb nun die neue Regelung.

E-Mobilität: "Pioniere" sollen unterstützt werden

Zukünftig kann also ein Drittel der Eigentümer (nach Nutzungsanteilen berechnet) Entscheidungen treffen, die dann alle mittragen müssen. Gemeinschaftliche E-Ladestationen können dann leichter umgesetzt werden. "Und den Gemeinschaftsanlagen gehört die Zukunft", zeigte sich Stabentheiner überzeugt.

Um die E-Mobilität durchzusetzen, brauche man aber "Pioniere", also Menschen, die schon zuvor auf E-Autos setzen und dafür eigene private Ladestationen errichten wollen. "Der Gesetzesentwurf soll beides fördern."

"Zustimmungsfiktion"

Private E-Ladestationen, allerdings nur sogenanne Langsamladestationen, zählen künftig zu den "privilegierten Änderungen" des WEG. Ein Wohnungseigentümer, der eine solche Änderung an seinem Nutzungsobjekt vorhat, muss – sofern sie allgemeine Teile der Liegenschaft berührt oder potenziell die "schutzwürdigen Interessen" anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt – zwar auch künftig sämtliche Miteigentümer über das Vorhaben schriftlich in Kenntnis setzen. Wenn sich diese aber innerhalb von zwei Monaten nach dem Zugang der Verständigung dazu nicht äußern, gilt die Zustimmung als erteilt ("Zustimmungsfiktion").

Das gilt künftig nicht nur für Ladestationen, sondern auch für die behindertengerechte Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft, für die Anbringung einer Photovoltaikanlage an einem Wohnungseigentumsobjekt (Reihenhaus oder Einzelgebäude), für die Anbringung von Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts und den Einbau von einbruchsicheren Türen.

Die letzten beiden genannten Punkte – die Beschattung und die einbruchsicheren Türen – kamen übrigens erst heuer hinzu; im Entwurf aus dem Herbst 2020 sind sie noch nicht enthalten.

Mehraufwand trägt der änderungswillige Eigentümer

In diesen Fällen gilt nun also "Schweigen als Zustimmung", erläuterte Stabentheiner. Allerdings eben einerseits nur in diesen Fällen; für die geplante Verglasung einer Loggia müsse auch weiterhin jeder einzelne Eigentümer aktiv "positiv zustimmen", wie es im juristischen Jargon heißt. Und andererseits könne natürlich auch bei den neuen "privilegierten Änderungen" wie eben dem Einbau einer Ladestation jeder andere Eigentümer die Zustimmung explizit (schriftlich) verweigern. Dann bleibt dem änderungswilligen Wohnungseigentümer auch wieder bloß der Gang vor Gericht.

Wenn die Änderung eines Wohnungseigentümers künftig einen finanziellen Mehraufwand in der Erhaltung verursacht, so muss diesen der betreffende Wohnungseigentümer begleichen, das wird ebenfalls klar festgelegt. Stabentheiner brachte dazu ein Beispiel: Wenn für die Erneuerung der Fassade, die alle gemeinsam zahlen, eine Markise ab- und wieder anmontiert werden muss, die ein Eigentümer zuvor auf eigene Kosten anbringen ließ (und sich natürlich zuvor die Erlaubnis dafür geholt hatte), dann ist für diese Mehrkosten allein der jeweilige Eigentümer zuständig.

"Garantiezeit" für private Ladestationen

Zu den E-Ladestationen befindet sich dann noch ein interessanter Punkt im Begutachtungsentwurf: Wenn ein Eigentümer an seinem Stellplatz in der Tiefgarage eine private Ladestation installiert, irgendwann später aber die ganze Eigentümergemeinschaft für die Installation einer Gemeinschaftsanlage stimmt, so kann die Eigentümergemeinschaft von dem Einzelnen verlangen, dass er seine eigene Ladestation wieder einstellt – allerdings frühestens nachdem diese fünf Jahre in Betrieb war.

Diese "Garantiezeit" soll dem einzelnen Eigentümer eine "Nutzungsperspektive bieten", wie es in den Erläuterungen zum Entwurf heißt. Generell soll dieser Punkt aber helfen, um ein "aus Kapazitätsgründen ungünstiges Nebeneinander von mehreren Einzelladestationen und einer Gemeinschaftsanlage weitestgehend zu vermeiden".

Hausverwaltung muss Adressen bekanntgeben

Als änderungswilliger Wohnungseigentümer hat man bisher allerdings auch oft das Problem, gar nicht an die Kontaktdaten aller anderen Eigentümer zu gelangen. Damit das künftig leicht(er) geht, wird mit der WEG-Novelle 2022 auch eine Auskunftspflicht für Hausverwaltungen eingeführt.

Eigentümer können also künftig von der Hausverwaltung verlangen, dass sie die Kontaktdaten herausrückt – allerdings "nur" Namen und Postadressen. E-Mail-Adressen seien nicht Bestandteil öffentlicher Register, heißt es dazu auch in den Erläuterungen der Novelle, und können deshalb "vom anfragenden Wohnungseigentümer – anders als postalische Adressen – auch durch Einsicht in öffentliche Register nicht ermittelt werden". Mailadressen darf der Hausverwalter also nur dann herausgeben, wenn der betreffende Eigentümer dem explizit zustimmt.

Datenschutzvorgaben "genau gecheckt"

Stabentheiner bekräftigte, dass man diese Regelung "ganz genau hinsichtlich Datenschutz gecheckt" habe. Deshalb muss der Eigentümer, der die Adressen haben will, "der Hausverwaltung auch erklären, wozu er sie braucht", so Stabentheiner – und die Kontaktdaten dürfen dann "auch nur für wohnungseigentumsrechtliche Zwecke verwendet werden".

Ein Eigentümer werde seiner Hausverwaltung zwar auch künftig sagen können, dass sie seine Kontaktdaten nicht herausgeben soll. "Dann muss er aber eine andere Zustelladresse hinterlegen."

In Kraft treten soll das alles, wenn es so läuft wie geplant, per 1. Jänner 2022. "Wir sind aber schon sehr gespannt, welche Stellungnahmen es dazu geben wird", sagte Stabentheiner am Bundestag. (Martin Putschögl, 29.6.2021)