Ausbildungen während des Dienstverhältnisses haben schon viele Gerichte beschäftigt. Dies vor allem im Zusammenhang mit Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen, bei denen die Quote rechtlicher Fehler erstaunlich hoch ist. Ein etwas anderes Thema lässt nun aufhorchen: das teilweise Absolvieren einer Ausbildung während des Urlaubs.

Ausbildung statt Urlaub

Eine Dienstnehmerin absolvierte die einjährige Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin mit einer Gesamtstundenanzahl von 430 Stunden, was im Interesse beider Vertragspartner lag. Dementsprechend wollten sich die Vertragspartner den Zeitaufwand teilen.

Laut Ausbildungsvereinbarung verpflichtete sich der Arbeitgeber, die Ausbildungskosten zu tragen und die Mitarbeiterin vom Dienst freizustellen. Umgekehrt trug die Dienstnehmerin zu der Ausbildung mit 270 "Urlaubsstunden" bei. In den fünf Jahren ab Beginn der Ausbildung sollten ihr je 54 Stunden Urlaub mit Beginn des Urlaubsjahres abgebucht werden. Außerdem verpflichtete sie sich unter bestimmten Umständen zum Ersatz der Kosten, etwa bei Nichterreichung des Ausbildungsziels zum vorgesehenen Zeitpunkt beziehungsweise bei Fehlen einer Bestätigung, zumindest zu 75 Prozent während der Ausbildungszeit anwesend gewesen zu sein.

Mit dem vereinbarten Urlaubsabzug war die Dienstnehmerin später allerdings nicht mehr einverstanden. Sie klagte auf Feststellung des entsprechend höheren offenen Urlaubsanspruchs – und gewann (OGH 29.09.2020, 9 ObA 69/20t).

Statt Urlaub eine Ausbildung machen?
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Freiheit im Urlaub

Nach Ansicht des OGH muss es dem Arbeitnehmer freistehen, den Urlaub völlig nach Belieben zu verbringen. Urlaub soll dem Arbeitnehmer durch den vorübergehenden Entfall der arbeitsrechtlichen Pflichtbindungen nämlich in erster Linie einen Freiraum zur Selbstbestimmung geben, damit er sich erholen kann. Wenn aber die Arbeitnehmerin – wie hier – gerade nicht mehr frei ist, womit sie die Urlaubszeit verbringt, fehlt es an dem dem Urlaub immanenten Freiraum, weshalb eine solche Zeit nicht als Urlaub im Sinn des UrlG gewertet werden kann. Die Mitarbeiterin konnte nach Ansicht des OGH vor allem deshalb nicht frei entscheiden, was sie mit ihren 270 Urlaubsstunden macht, weil sie laut Vereinbarung einen gewissen Ausbildungserfolg schuldete oder andernfalls Kostenersatz zu leisten hatte.

Zukünftig ist daher von Ausbildungsvereinbarungen abzuraten, in denen die Vertragspartner einen Teil der Ausbildung in den Urlaub des Dienstnehmers legen. Trotz Unterschrift des Mitarbeiters ist eine solche Vereinbarung von Nichtigkeit bedroht. (Kristina Silberbauer, 1.7.2021)