Die Wiener Polizei wurde wegen ihres Umgangs mit den Corona-Demos heftig kritisiert.

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Eigentlich sind es nur zwei Personen, die sich minutenlang freundlich unterhalten. Die Begegnung, die der freie Journalist Michael Bonvalot vergangenen Samstag am Rande einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Wien auf Video festhielt, sorgte im Netz dennoch für heftige Reaktionen: Auf der einen Seite spricht Karl Hilz, ein ehemaliger Ex-Polizeihauptkommissar aus München, der nun vom bayerischen Verfassungsschutz wegen "demokratiefeindlicher Bestrebungen" beobachtet wird. Sein Gesprächspartner ist ein uniformierter Einsatzleiter der Wiener Polizei, G. B. Er ist bereits mehrmals aufgefallen: Mit Ordnern der Corona-Demos tauschte er einen kollegialen "Fauststoß" aus, am Rande einer Kundgebung der rechtsextremen Identitären erhielt er von Demo-Teilnehmern Zeitschriften, der STANDARD berichtete.

Ob Hilz und B. einander bereits kannten, ist nicht bekannt. Hilz sprach häufig auf Demos der deutschen "Querdenker"-Szene, der Verfassungsschutz beobachte ihn laut Bayerischem Rundfunk, weil er versuche, "eine systematische Störung der Funktionsfähigkeit des Staates herbeizuführen". In seinen Reden auf Demos betonte er mehrmals seine polizeiliche Vergangenheit und bezeichnete den deutschen Staat als "totalitär", das Infektionsschutzgesetz als "Ermächtigungsgesetz". Hilz sieht sich als Widerstandskämpfer: Im November des vergangenen Jahres inszenierte er eine Flyeraktion an der Münchner Uni im Stil der Weißen Rose, einer Widerstandsbewegung, die sich gegen den nationalsozialistischen Terror wehrte. Laut Augenzeugen soll Hilz bei dieser Aktion mit den eintreffenden Polizisten per Du gewesen sein.

Warum der diensthabende Einsatzleiter B. nach dem Gespräch mit Hilz für ein Foto posierte, war bei der Wiener Polizei nicht zu eruieren. Bereits seit Anfang Jänner beobachtet der Verfassungsschutz die sogenannte Querdenker-Szene, also jene Demos, die sich gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung richten. "Von Beginn an" machten die Behörden die rechtsextreme Szene als treibende Kraft hinter den Protesten aus, die B. regelmäßig als Einsatzleiter begleitete.

"Schöne Bilder bei Regenbogenparade"

Als der STANDARD im Jänner über "Fauststöße", Zeitungsübergaben und die Social-Media-Aktivitäten von B. berichtete, kündigte das Innenministerium eine Überprüfung an. Diese ergab keinen Grund für eine Beanstandung, sagte die LPD. Die Behörde verwies darauf, dass alle eingesetzten Führungskräfte in ihrem polizeilichen Alltag immer wieder mit Demo-Teilnehmern sprechen würden. B. sei auch bei der Regenbogenparade im Einsatz gewesen und habe dort kommuniziert: "Fotos von diesen Gesprächen wurden allerdings nicht veröffentlicht. Obwohl es gerade bei der Regenbogenparade sicherlich schöne Bilder gegeben hätte!", teilte die Behörde mit.

Seit der Überprüfung war B. kaum noch auf Demos der Corona-Maßnahmengegner im Einsatz. Eine der Ausnahmen war Mitte Februar: Nachdem Demonstranten Polizeisperren durchbrochen hatten, zogen mehrere Gruppen spontan durch die Innenstadt. Eine davon wurde vom mehrfach verurteilten Neonazi Gottfried Küssel angeführt. Auf Fotos und Videos ist zu sehen, wie Einsatzleiter B. diese Spontandemo begleitete. Bei Beobachtern entstand der Eindruck, dass B. den Anweisungen Küssels Folge leistete. Auch diesen Vorwurf prüfte die Behörde, fand aber keinen Grund für eine Beanstandung.

Keine Statistik zu Rechtsextremismus

Grundsätzlich gibt es in Österreich nur wenige fassbare Zahlen über rechtsextreme Tendenzen oder Aktivitäten innerhalb der Polizei. Laut einem Bericht der "Welt am Sonntag" wird in Deutschland aktuell gegen mindestens 272 Polizeiangehörige im Zusammenhang mit Rechtsextremismus oder rechten Straftaten ermittelt. "Solche Ermittlungen obliegen den örtlich zuständigen Disziplinarbehörden, eine zentrale Statistik wird nicht geführt", heißt es dazu aus dem österreichischen Innenministerium. Allerdings wird betont, dass es bei Vorkommnissen dienstrechtliche Überprüfungen gebe.

2019 teilte das Innenministerium in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung der Liste Pilz mit, dass zumindest 13 Mitarbeiter des Innenministeriums in Kontakt mit den Identitären standen. Fünf Personen spendeten für die Gruppierung, vier davon waren nachweislich Mitglieder und zahlten mehrmals, darunter auch ein Polizeischüler. Der damalige Innenminister Wolfgang Peschorn hielt fest, dass derartige Aktivitäten kein Grund seien, nicht Polizist zu sein.

Der Polizist und die Eiernockerln

Noch nicht bekannt ist, wie die Überprüfung jenes burgenländischen Beamten und früheren FPÖ-Parteimitglieds ausging, der im April wegen NS-Wiederbetätigung nicht rechtskräftig verurteilt wurde. Er hatte am Geburtstag Adolf Hitlers (20. April) im Vorjahr ein Foto von dessen angeblicher Lieblingsspeise auf Facebook gepostet. "Mittagessen heute! Eiernockerl mit grünem Salat!" war da zu lesen.

Das Posting war auch von einem anderen FPÖ-Mitglied kommentiert worden: "Blondi fehlt", schrieb der Freund unter das Foto. "Blondi" hieß Hitlers Schäferhündin. (Laurin Lorenz, Markus Sulzbacher, 2.7.2021)