In Ljubljana gibt es seit Monaten Proteste gegen die Versuche der Regierung, ungarische Verhältnisse zu schaffen. Slowenien übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft.

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"Take a STAnd" ("Beziehe Stellung") ist das Motto der Spendenaktion für die staatliche slowenische Nachrichtenagentur STA. Denn die Regierung von Premier Janez Janša überweist seit Monaten nicht das gesetzlich vorgesehene Geld. Über 270.000 Euro haben Bürgerinnen und Bürger bereits gespendet. Das Parlament hat zwar mithilfe der Opposition ein Gesetz beschlossen, wonach die Regierung die STA sogar auch dann finanzieren muss, wenn kein weiterer Vertrag unterzeichnet wird. Und trotzdem: Die STA, die für alle anderen Medien essenziell ist, wird ausgehungert.

Auf Anfrage des STANDARD begründet die Regierung den Zahlungsstopp damit, dass der Direktor der STA, Bojan Veselinovič, sich weigere, "erforderliche Unterlagen auszuhändigen", und vertragliche Verpflichtungen verletze. "Das ist ein rechtliches Dilemma, das auf rechtliche Weise gelöst werden muss. Es hat nichts mit Politik zu tun, auch wenn die Opposition und der STA-Direktor es zu einem politischen Thema gemacht haben", so die Regierung zum STANDARD. Tatsächlich attackiert Janša Veselinovič öffentlich und beschuldigte ihn sogar, Teil eines Mordkomplotts zu sein.

Privatisieren

Marko Milosavljević, der an der Universität in Ljubljana Journalismus unterrichtet, vermutet, die Regierung wolle die Agentur privatisieren. Janša gehe es insgesamt darum, Medien unter seine politische Kontrolle zu bringen, vor allem jene im öffentlich-rechtlichen Bereich, also das Fernsehen und die STA.

Die Umsetzung des Masterplans hat längst begonnen. So wurde etwa der Sender Planet TV, bis dahin im Besitz der staatlichen Telekom Slovenije, 2020 dem ungarischen Sender TV2 verkauft, der József Vida gehört. Vida steht der ungarischen Regierungspartei Fidesz nahe. Janša und die Fidesz des ungarischen Premiers Viktor Orbán sowie das serbische Regime haben eine enge politische Allianz.

Sloweniens Regierung versuche, "slowenische Medien unter eine ungarische Kolonisierung zu bringen", sagt Mirosavljević. Er versteht nicht, inwiefern Slowenien von der engen Kooperation mit Orbán und dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić profitieren sollte. "Normalerweise richtet man sich nach Staaten aus, die ein höheres demokratisches Niveau und ein höheres Bruttoinlandsprodukt haben."

Der Verkauf des Senders Planet TV an die Ungarn war vor allem deshalb umstritten, weil das US- Medienunternehmen United Group ein besseres Angebot gelegt hatte. United Group betreibt etwa den Kanal N1 in Serbien und Bosnien-Herzegowina, einen der wenigen unabhängigen Nachrichtensender in der Region. "Der Staatshaushalt erhielt so viel weniger Geld, als er hätte bekommen können, wenn er Planet TV vor einem Jahr an United verkauft hätte", so Milosavljević.

Styria interessiert

Auch das Internetmedium Siol.net im Besitz der slowenischen Telekom sollte in der Folge verkauft werden. Die österreichische Styria ("Die Presse", "Kleine Zeitung") zeigte sich interessiert. "Die United Group bot fünf Millionen Euro, viel mehr als die Ungarn. Das konnte die Regierung nicht noch einmal ignorieren", so Milosavljević. "Deshalb wurde der Verkauf dann ohne Begründung gestoppt."

Eine weitere wichtige Strategie der Regierung sei es, nahestehende Medien besser zu positionieren. So wurde der Sender Pop TV auf einen schlechteren Empfangskanal im Kabelnetz gesetzt und der regierungsfreundliche Sender Planet TV vorgereiht. Seit 1995 sendeten Pop TV und Kanal A nach den öffentlich-rechtlichen Kanälen auf Platz drei und vier, da es sich um die meistgesehenen Kanäle handelt. Doch jetzt sind sie auf Platz elf und Platz zwölf, und Planet TV ist auf Platz drei.

"Die staatliche Telekom blockiert indirekt kritische Stimmen, indem sie ihnen schlechtere Empfangsmöglichkeiten gibt", sagt Milosavljević im STANDARD-Interview. Janša attackiert gleichzeitig den Privatsender Pop TV, der der Central European Media Enterprises (CME) in Prag gehört. Im Sender wurde ein Kontrollgremium geschaffen, um seine Kritik abzufedern.

Propagandamedien

Gleichzeitig hat die Regierung mithilfe Geldes, das aus der Nähe der ungarischen Regierungsmedien kommt, ein Magazin, zwei TV-Kanäle und mehr als 20 Websites für ihre Propaganda zur Verfügung.

"Es geht darum, Anhänger zu mobilisieren und den Eindruck zu erwecken, dass sie eine Mehrheitsmeinung vertreten würden", so Milosavljević. "Im schlimmsten Fall könnte in zwei Jahren keine Redaktionsleitung der größeren slowenischen Medienunternehmen mehr unabhängig sein." (Adelheid Wölfl aus Ljubljana, 30.6.2021)