Beim EM-Handball-Spiel im Jänner 2020 besiegte Kroatien Österreich.

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Wien – Weil er nach dem EM-Handball-Spiel Österreich gegen Kroatien im Jänner 2020 in der Wiener Stadthalle einen Hitlergruß vollzogen hat, musste sich am Dienstag ein Deutscher bei einem Geschworenenprozess wegen Wiederbetätigung verantworten. Dabei gestand der Angeklagte zwar, den verbotenen Gruß gezeigt zu haben, Adolf Hitler habe er damit aber nicht glorifizieren wollen. Die Geschworenen sprachen den Mann nicht rechtskräftig mit sechs zu zwei Stimmen frei.

Neben strafrechtlich relevant war die Tat des Mannes am 10. Jänner 2020 auch einigermaßen bizarr. Obwohl er eigentlich wegen des später stattfindenden Spiels des deutschen Nationalteams nach Wien gereist war, dürften ihm der Sieg Kroatiens über Österreich – und dann vor allem die feiernden Fans des Teams – sehr zugesetzt haben. Jedenfalls marschierte der Angeklagte ohne jedes Vorzeichen alleine inmitten eine Gruppe von 100 kroatischen Anhängern, die im Vorraum der Stadthalle feierten, schlug die Fersen zusammen, nahm eine stramme Haltung an und vollzog einen Hitlergruß. "Die Emotionen sind hochgegangen", sagte der Angeklagte.

Geladene Stimmung

Nach dem Hitlergruß gingen auch bei den Kroaten die Emotionen hoch – und wäre der Angeklagte nicht von zwei einschreitenden Polizisten aus der Gefahrenzone gebracht worden, hätte er den Zorn der Fans vielleicht sogar körperlich zu spüren bekommen. "Das ist als wollte man mit einem violetten Pulli in den Rapid-Sektor gehen", wunderte sich auch die Vorsitzende Richterin Christina Salzborn. Gegenüber den Beamten zeigte sich der Angeklagte dann ebenfalls aggressiv.

Der Verteidiger des Deutschen, Martin Engelbrecht, unterstrich in seinem Plädoyer, dass sein Mandant keinesfalls ein "Hitler-Fan" sei und ihn auch keine politische Motivation dazu gebracht habe, den Hitlergruß zu zeigen. Vielmehr habe sein Mandant die kroatischen Fans "provozieren wollen". Zudem räumte er ein, dass der Deutsche unter einer diagnostizierten mittelschweren Depression leidet, die mit Aggression einhergeht. Inzwischen sei der Mann auch in psychologischer Betreuung.

"Ein bisschen verboten"

Vor Gericht gestand der Mann die Tat. "Ich hatte ein Blackout", gab der Angeklagte an. Ihm sei bewusst gewesen, dass der Hitlergruß in Österreich "ein bisschen verboten ist". Auch die Richterin unterstrich, dass sich der 1971 geborene Mann mit Matura-Abschluss, nicht auf Unwissen über den Nationalsozialismus berufen könne. "Im Nachhinein kann ich die Handlung nicht nachvollziehen", beteuerte der Angeklagte. Er werde zudem "nie wieder" eine solche Aktion setzen.

Nach der Beratung sprachen die Geschworenen den Angeklagten mit sechs zu zwei Stimmen frei. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, damit ist das Urteil nicht rechtskräftig. Bei einem Schuldspruch hätten dem Angeklagten zwischen einem und zehn Jahren Gefängnis gedroht. (APA, 29.6.2021)