Optimale Verbindung? Immer mehr Unternehmen setzen auf automatisierte Systeme, um die geeignetsten Mitarbeiter zu finden – und ihre Kompetenzen im Blick zu haben.

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Noch sind es vor allem große, oft global agierende Unternehmen, die den Trend vorgeben: Digitalisierung, Automatisierung und Datenanalyse halten auch im Personalwesen Einzug. Das schließt, wenngleich noch zaghaft, auch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) mit ein.

"Es sind meistens Firmen, die schon bisher große Datenmengen zu verarbeiten hatten", sagt Steffi Bärmann. "KI gibt ihnen die Möglichkeit, die Daten verschiedener Standorte miteinander und mit anderen Unternehmensprozessen zu verknüpfen."

Speziell Unternehmen aus Telekom-, Versicherungs- und Bankbranche seien hier Vorreiter. Die Forscherin Steffi Bärmann vom Studienbereich Human Resources & Organization der Fachhochschule Wien der Wirtschaftskammer Wien beschäftigt sich theoretisch und empirisch mit den Möglichkeiten und Gefahren von künstlicher Intelligenz im Personalmanagement.

Talente finden

Ein bereits bewährtes Anwendungsgebiet für KI ist der Bewerbungsprozess. So gibt es Unternehmen, die Jobanwärterinnen und -anwärter mittels Chatbot durch den Bewerbungsprozess führen. Lebensläufe und Motivationsschreiben können automatisiert ausgelesen und von selbstlernenden Algorithmen nach ihrer grundsätzlichen Eignung klassifiziert werden.

Die Schattenseite dabei ist die allgegenwärtige Gefahr eines Bias, also einer impliziten Voreingenommenheit der automatisierten Systeme gegenüber bestimmten Personengruppen. Abhilfe schafft eine ausgewogene Wahl der Trainingsdaten, aus denen die künstliche Intelligenz lernt.

Kauft man eine KI-Software von der Stange, sind allerdings die Eingriffsmöglichkeiten durch den Anwender stark eingeschränkt. Zudem sieht man nicht, was "unter der Haube" passiert, gibt Bärmann zu bedenken. Eigene Lösungen zu entwickeln vermeidet dieses Problem zwar, bindet aber Ressourcen und stellt eine empfindliche Investition mit manchmal schwer absehbarer Erfolgswahrscheinlichkeit dar.

Kompetenzanalyse

Ein weiteres Anwendungsfeld ist das Talentmanagement. "Gerade große Firmen gehen weg von Jobprofilen und sprechen immer öfter von Kompetenzprofilen", sagt die Forscherin. "Sie definieren, welche Kompetenzen sie in Zukunft von ihren Mitarbeitern benötigen werden." Diese Profile werden aus firmeninternen, aber auch externen Datenquellen automatisiert von KI-Programmen erstellt. Derzeit verstehen sie sich als Orientierungshilfe für die Mitarbeiter.

Diese erfahren, in welchen Bereichen sie sich weiterbilden sollten. Auf Grundlage von Faktoren wie Evaluierungen, Gehalt, bisherigen Schulungen, Lebenslauf und Social-Media-Profilen der Mitarbeiter ist es sogar möglich, ihnen gezielt Vorschläge zur individuellen Weiterbildung zu machen.

Es wäre jedoch denkbar, dass dieser Angebotscharakter in Zukunft mehr oder weniger sanftem Druck weicht, sich den Prognosen der KI entsprechend weiterzubilden. Eine noch radikalere Vision bestünde darin, Mitarbeiter, die von der Software als nicht lernfähig eingestuft werden, zu kündigen.

Kürzlich hat Bärmann die Bachelorarbeit einer FH-Studentin, Bernadette Hahn, betreut, die sich darin unter anderem mit der Motivation österreichischer Unternehmen befasst hat, KI im Personalwesen einzusetzen. Dabei zeigte sich, dass viele Entscheidungsträger nur vage Vorstellungen davon haben, was künstliche Intelligenz eigentlich ist, wie sie funktioniert und welche Möglichkeiten sie bietet. Mangelndes Wissen nährt wiederum Skepsis.

Ethik- und Kostenfaktor

"Es gibt eine gewisse Angst davor, sich mit der unbekannten Technologie auseinandersetzen zu müssen", meint Bärmann. Aber auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und die Angst vor Jobverlust stellen typische Reaktionen dar. Unternehmen sind deshalb gut beraten, Sorgen mit Transparenz und Aufklärung zu begegnen. Manche setzen dafür Ethikkommissionen ein, andere gehen den Weg über eine aktive Einbindung des Betriebsrates.

Was aus Unternehmersicht für KI spricht, sind in erster Linie die Verschlankung und Beschleunigung von Prozessen durch Automatisierung. Nachteilig wird jedoch der Kostenfaktor gesehen. Das überrascht auf den ersten Blick, weil Automatisierung schließlich seit jeher zur Kostensenkung eingeführt wird.

"Jetzt ist die Technologie noch jung, man muss Projekte aufsetzen, und das kostet Geld", erklärt Bärmann. "Große Firmen haben eigene Forschungsabteilungen dafür, aber ein KMU kann sich das kaum leisten." Das hat unter anderem zur Folge, dass KI-Projekte überdurchschnittlich oft zwischenevaluiert werden.

"Diese Projekte sind aufwendig und komplex. Hinzu kommt, dass es dabei um Tools geht, über die oft nicht viel Wissen besteht und bei denen offen ist, wohin die Entwicklung geht." Was es umso wichtiger macht, sich damit auseinanderzusetzen. (Raimund Lang, 30.6.2021)