Zahllose Asteroiden und Kometen ziehen ihre Bahn um die Sonne. So mancher kreuzt dabei die Erdbahn und stellt eine potenzielle Gefahr dar.
Illustr.: Nasa

Unter den zahlreichen Naturgewalten sticht eine besonders hervor: Der Impakt eines Asteroiden oder Kometen hat das Potenzial, zumindest das höhere Leben auf der Erde auszulöschen. Im Gegensatz zu Erdbeben, Tsunamis und Wirbelstürmen sind die Folgen eines Einschlags jedoch für die breite Bevölkerung schwer fassbar.

Dass es sich dabei um kein hypothetisches Gedankenexperiment handelt, zeigt ein Blick auf die Erdgeschichte. Für mehrere Massenaussterben gelten Treffer von Asteroiden oder Kometen als mögliche Ursache. Insbesondere jener Impaktor, der vor 66 Millionen Jahren vor der Halbinsel Yucatán einschlug und für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gemacht wird, erlangte große Prominenz. So große Brocken wie der Verursacher des Chicxulub-Kraters sind zum Glück selbst in geologischen Maßstäben selten. Aber auch kleinere Eindringlinge haben das Potenzial für massive Zerstörungen.

Internationaler Asteroidentag

Heute, Mittwoch, finden zum Internationalen Asteroidentag zahlreiche Veranstaltungen statt, um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedrohung zu schärfen. Dieser Aktionstag blickt auf eine noch recht junge Geschichte zurück.

Ins Leben gerufen wurde der Asteroid Day im Jahr 2014 von dem deutschen Regisseur Grigorij Richters, dem Apollo-Astronauten Rusty Schweickart und dem britischen Astrophysiker Brian May, der so manchem als Queen-Gitarrist ein Begriff sein dürfte. Ende Juni 2015 wurden erstmals Aktionen durchgeführt, und 2016 erklärte die Uno den 30. Juni zum offiziellen International Asteroid Day.

Katastrophe aus dem All

Das Datum ist kein zufällig gewähltes. Vor 113 Jahren, am 30. Juni 1908, ereignete sich mitten in Sibirien eine gewaltige Explosion. Was genau sich damals abgespielt hat, beschäftigt seither die Wissenschaft. Weitgehende Einigkeit herrscht darüber, dass es sich beim Tunguska-Ereignis um den bisher größten dokumentierten Impakt der Menschheitsgeschichte gehandelt hat – obwohl für den Impaktor selbst bisher noch kein Nachweis in Form eines Kraters oder durch Bruchstücke erbracht wurde. In Torfproben wurden aber Spuren von Diamant, Troilit, Lonsdaleit und Iridium gefunden, bei denen über einen meteoritischen Ursprung diskutiert wird.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass der zwischen 50 und 80 Meter große Körper auf einer flachen Bahn in die Atmosphäre eindrang und in einer Höhe von rund neun Kilometern mit einer Energie von bis zu zwanzig Megatonnen TNT-Äquivalent explodierte. Die dabei ausgelöste Schockwelle erreichte die Erdoberfläche, die vaporisierten Reste des Objekts wurden in höhere Schichten geblasen. Die Druckwelle zerstörte noch in hunderten Kilometern Entfernung Fensterscheiben und wurde bis Großbritannien und Washington wahrgenommen.

Minutenlang am Himmel

Die Zeitung "Sibir" berichtete wenige Tage nach dem Ereignis von einem gleißend bläulichen zylinderförmigen Objekt, das sich minutenlang über den Morgenhimmel bewegte und schließlich explodierte. In den folgenden Nächten war in weiten Teilen Europas und Asiens ein merkwürdiges Leuchtphänomen zu beobachten. Angeblich war es sogar möglich, um Mitternacht ohne Blitz zu fotografieren.

Leonid Kulik fand Jahre nach der Explosion massenweise entwurzelte Bäume vor. Diese wiesen den Weg zum Zentrum der Katastrophe, wo wiederum nur die Stämme der Bäume stehen blieben.
Foto: imago/United Archives International

Der russische Mineraloge Leonid Kulik war der Erste, der das Tunguska-Ereignis wissenschaftlich untersuchte. Ab 1921 führte er in dem Gebiet mehrere Expeditionen durch und fand tausende umgestürzte Bäume, die alle radial zum Zentrum der Katastrophe ausgerichtet lagen. Dort hingegen standen die Stämme der Bäume in einem Umkreis von acht Kilometern noch aufrecht – allerdings waren alle Äste und Kronen abgerissen. Insgesamt wurde eine Fläche von 2150 km² zerstört.

In der extrem dünn besiedelten Region an der Steinigen Tunguska, einem Nebenfluss des Jenissei, leben die Ewenken, ein ursprünglich nomadisches indigenes Volk Sibiriens. Die nächste Siedlung ist Vanavara, rund 65 Kilometer vom Zentrum der Katastrophe entfernt.

Erdbeben durch Druckwelle

Ein Augenzeuge aus Vanavara berichtete Kulik später, dass sich der Himmel öffnete und Feuer über dem Wald zu sehen war. Die Hitzeentwicklung war so extrem, dass er sich das Hemd vom Körper reißen wollte. Dann wurde er von der Druckwelle mehrere Meter weit zu Boden geschleudert. Schließlich waren Explosionen wie Artilleriefeuer zu hören und die Erde bebte.

Welche Zerstörung auch kleinere Objekte anrichten können, bewies der Chelyabinsk-Meteor im Februar 2013. Dieses Objekt war beim Eintritt in die Atmosphäre bis zu zwanzig Meter groß. Bei seinem Impakt wurden 1500 Menschen verletzt, der Großteil davon durch die Druckwelle und umherfliegende Splitter. (Michael Vosatka, 30.6.2021)