Es ist schwer, dem runden Gesicht mit den hochgezogenen Mundwinkeln zu entkommen. Der Smiley ist momentan überall: Er wird auf Stoffschuhe, Trainingsanzüge, T-Shirts und Taschen gedruckt, sogar Harry Styles ließ seine Fingernägel vom kleinen Finger bis zum dicken Daumen mit dem freundlichen Lächeln bepinseln.

Grantlerinnen und Grantlern mag der dauerlächelnde Smiley einen Schauer über den Rücken laufen lassen, seinem Erfolg tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil, Erklärungen für das Comeback, das von vielen Seiten herbeigerufen wird, lassen sich ohne weiteres aus dem Hut zaubern: Nach Monaten der Pandemie verkauft sich gute Laune am allerbesten. Die Botschaft des unpolitischen, Optimismus verbreitenden Smileys, die sogar die Emoji-kritische Generation Z angesteckt hat: Vorbei sind die Zeiten der Lockdowns, der Masken, der Tristesse in grauen Jogginghosen.

Dabei ist die Erfindung des Smileys eigentlich eine traurige Geschichte. Im Jahr 1963 befindet sich eine amerikanische Versicherungsgesellschaft gerade am Rande der Verzweiflung. Die Stimmung der Belegschaft nach der Übernahme durch die Konkurrenz scheint im Eimer. In ihrer Not wendet sich die Firma an einen Werber. Er zeichnet ein grinsendes Gesicht, das auf Ansteckbuttons landet und als Motivationssticker im Unternehmen verteilt wird. Es passiert, woran niemand glaubte: Der Smiley zum Anstecken begeistert und wird zum Traum jedes Unternehmers, macht der billige Button doch jede Coaching-Maßnahme überflüssig.

Harry Styles ließ sich für ein Shooting die Nägel lackieren.

Geld verdienten allerdings erst Bernard und Murray Spain mit dem Grinsegesicht. Sie verbanden es in den Siebzigern mit dem Satz "Have a Nice Day". Seither flutscht das Geschäft, bis heute. Das Schuhlabel Palladium zum Beispiel will mit einer Smiley-Kollektion an die britische Rave-Szene der späten 1980er- und frühen 1990er-Jahre erinnern. Die dänische Marke Ganni druckt die lachenden Gesichter schon seit einigen Saisonen auf T-Shirts. Der Erfolg der hochgezogenen Mundwinkel verwundert nach etlichen Monaten hinter den Masken wenig.

Das Lächeln an den Füßen tragen: Stoffschuhe von Palladium
Foto: Palladium
Das dänische Label Ganni bedruckt T-Shirts mit dem Smiley.
Foto: Ganni

Allerdings kündigt sich bereits eine Trendwende an. Der Smiley wird immer öfter verzerrt dargestellt: Die schwedische Designerin Siri Skillgate verzieht das Lächeln der Smileys auf ihren Keramiken zu pastellenen Fratzen.

Wir erinnern uns: Auch Kurt Cobain interpretierte den Smiley 1992 um, er ließ ihn die Zunge herausstrecken. Geld gemacht haben Nirvana mit dem gar nicht gut gelaunten Markenzeichen natürlich auch. Derzeit ist es als T-Shirt-Aufdruck im Webshop von H&M zu haben. (Anne Feldkamp, 1.7.2021)